Warschau - Polen hat am Dienstag das geplante Referendum über den europäischen Verfassungsvertrag auf unbestimmte Zeit verschoben. Das teilte der polnische Präsident Aleksander Kwasniewski in Warschau mit. Ursprünglich sollte die Volksabstimmung über die EU-Verfassung in Polen am 9. Oktober, gleichzeitig mit der ersten Runde der Präsidentenwahlen stattfinden.

"Aber das Datum ist nicht klar"

Es solle weiterhin eine Abstimmung über das Vertragswerk in Polen geben, "aber das Datum ist nicht klar", sagte der Präsident nach Gesprächen mit Regierungschef Marek Belka und Parlamentspräsident Wlodzimierz Cimoszewicz. "Ein Referendum im Oktober ist unrealistisch", fügte das Staatsoberhaupt hinzu, das heuer nach zwei Perioden aus dem Amt scheidet.

Die Entscheidung über einen neuen Termin für einen Volksentscheid werde sein Nachfolger treffen, "meiner Ansicht nach wird sie nicht mehr dieses Jahr fallen", sagte Kwasniewski weiter.

Nach dem mehrheitlichen Nein zur EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden, hatten die Staats- und Regierungschefs der Gemeinschaftsstaaten den Ratifizierungsprozess auf Eis gelegt und die Frist für die Ratifizierungen verlängert, um weitere Abstimmungsniederlagen bei folgenden Referenden zu vermeiden. Vor Polen wurden Volksabstimmungen zu der Frage schon in Dänemark, Schweden und Tschechien verschoben. Großbritannien hat sein geplantes Plebiszit ausgesetzt. Luxemburg hielt dagegen an seinem Termin 10. Juli fest.

"Es sei schwierig, die Leute zu überzeugen abzustimmen, wenn sie wüssten, dass die Mehrheit der betroffenen Staaten von einer Fortsetzung der Ratifizierung Abstand nehme, vor allem wenn es sich um eine Ratifizierung auf dem Weg über ein Referendum handle, sagte Premier Belka. Auch wegen des vorige Woche gescheiterten EU-Haushaltsgipfels von Brüssel, wäre es seiner Ansicht nach schwer gewesen, die Wähler zu einem Ja zu bewegen.

Ratifizierung im Parlament

Der Ministerpräsident ließ nunmehr Sympathie für eine Ratifizierung durch das polnische Parlament anstelle eines Referendums durchblicken. Eine Annahme der Verfassung durch die Volksvertretung sei "im Interesse" Polens, so Belka. Kwasniewski hielt dagegen an der Volksabstimmung fest, wenn er auch einräumte, dass eine parlamentarische Ratifizierung in Polen "verfassungsmäßig möglich" sei.

Die regierende polnische Linke war für das Plebiszit im Oktober, die rechte Opposition für eine Verschiebung. Laut einer Umfrage, die nach dem Nein der Franzosen und Niederländer durchgeführt wurde, fiel die Zustimmung zur EU-Verfassung in Polen von 54 auf 40 Prozent. (APA/Reuters)