Die Kunst Roy Lichtensteins ist nur vordergründig gegenständlich. Den Arbeiten des US-Pop-Artisten (1923-1997) ist das Phänomen eigen, dass der auf ein dürres Skelett reduzierten Objektivität ein surreales Element innewohnt.
Neben der Skulptur sind in Bregenz fünf Collagen und 34 Gemälde ausgestellt. Das ist wenig für eine Retrospektive, immerhin schuf Lichtenstein rund 1200 Gemälde. Doch die Bilder wurden in einem drei Jahre dauernden Arbeitsprozess und in enger Zusammenarbeit mit der Lichtenstein-Foundation in New York ausgesucht, sie zeigen drei exemplarische Schaffensperioden des Künstlers zwischen 1960 und 1997.
Readymades
In der 60ern begann Lichtenstein seinen Stil zu entwickeln. Er stellte Objekte isoliert von jeder Bedeutung dar, etwa einen Golf Ball oder einen Bathroom. Damit übertrug er die Idee des Readymades in das Zweidimensionale, auf die Leinwand. Diese ersten Arbeiten des "echten" Lichtenstein (die zuvor 15 Jahre dauernde Phase des abstrakten Expressionismus wurde ausgeklammert) sind in Schwarz-Weiß gehalten. Erst später kam, sparsam eingesetzt, die Farbe dazu.
Auch seine Maltechnik entwickelte er in jenen frühen Jahren. Die Bilder machen den Eindruck des mechanisch Reproduzierten. Wie dies ja auch bei Andy Warhol der Fall war. Während Warhol sich jedoch tatsächlich moderner Vervielfältigungstechniken bediente, täuschte Lichtenstein das Druckerzeugnis vor, indem er pedantisch Rasterpunkt für Rasterpunkt pinselte.
Das zweite Kapitel der Ausstellung ist seinen Frauenporträts gewidmet, jenen "gepixelten" Comicfiguren mit Sprechblase, die zum Markenzeichen des Künstlers wurden. Die berühmtesten stammen aus der Mitte der 60er Jahre, aber Lichtenstein hat in all seinen Schaffensperioden Frauen oder besser: Parodien von Frauen gemalt.
Klinisch schön
Diese Figuren sind auf eine unwirkliche, klinische Art schön und bar jeder Erotik. In ihrer Coolness unterscheiden sie sich nur wenig von den so genannten "Interiors" aus seinen späten Jahren. Diese riesigen Bilder, teilweise bis zu fünf Meter breit, sind die spannendsten und anspielungsreichsten der ganzen Ausstellung. Immer wieder zitiert er darin eigene, aber auch Motive von anderen Künstlern, etwa von Léger, Matisse oder Picasso. Und immer wieder werden durch Spiegelungseffekte und durch radikale Strukturreduktionen Verfremdungseffekte erzielt.