Die Stimmen gegen die gestern im Niederösterreichischen Landtag beschlossene Handymasten-Steuer mehren sich. Vizekanzler und Infrastrukturminister Hubert Gorbach (B) ortet nach der heutigen Gesprächsrunde mit allen Mobilfunkbetreibern berechtigte rechtliche Bedenken gegen das Gesetz und sieht einen "deutlichen Korrekturbedarf". Auch WKÖ-Obmann Christoph Leitl hat sich gegen das Gesetz ausgesprochen.

Bedenken

Es bestünden "berechtigte verfassungs- und EU-rechtliche Bedenken" gegen das so genannte Sendeanlagenabgabegesetz, sagte Gorbach nach der Verhandlungsrunde mit der Mobilfunkbranche vor Journalisten. Das Gesetz sei offensichtlich auf Basis irreführender Zahlen zu Stande gekommen, der Lenkungseffekt sei gleich null. Die Bundesregierung sollte daher ihre Möglichkeit zu einer Korrektur des Gesetzes nutzen und von ihrem Einspruchsrecht Gebrauch machen.

Gutachten bis Mitte der nächsten Woche

Bis Mitte der nächsten Woche sollen erste Ergebnisse in einem von der Rundfunk- und Regulierungsbehörde RTR verfassten Gutachten zu den verfassungs- und EU-rechtlichen Bedenken vorliegen, kündigte Gorbach an. Die Einspruchsfrist gegen das Gesetz betrage acht Wochen nach dem Zeitpunkt des Einlangen des Gesetzes, das in den kommenden Tagen zu erwarten sei. Die rechtlichen Einwände gegen das Gesetz will Gorbach dann dem Ministerrat vorlegen. Zudem soll auf sachlicher Ebene geprüft werden, wie die Zahl der Handymasten in Österreich künftig reduziert werden könne.

Zeit

"Man hätte sich für das Gesetz mehr Zeit nehmen müssen", betonte Gorbach. Die Handymasten-Steuer sei ein "Angriff auf den Wirtschafts- und Infrastrukturstandort Österreich", gefährde Arbeitsplätze, die Investitionssicherheit sowie den Infrastrukturausbau am Land und verteuere das Telefonieren für Handykunden. Als Technologieminister werde er nicht zuschauen, dass in Österreich über Nacht ein Gesetz eingeführt werde, dessen Lenkungseffekt gleich null sei.

Mobilfunker zufrieden

Die Mobilfunkbetreiber zeigten sich nach der Gesprächsrunde mit Gorbach durchwegs zufrieden. Man habe Argumente gegen das Gesetz vorbringen können, die Diskussion gehe in die richtige Richtung, hieß es auf APA-Anfrage. Die Handymasten-Steuer in Niederösterreich sei "unter falschen Voraussetzungen" beschlossen worden, der Ball liege nun bei der Bundesregierung, sagte der Chef der Mobilfunk-Lobbyingorganisation FMK (Forum Mobilkommunikation), Thomas Barmüller.

Schaden

Die Branche würde durch das neue Gesetz massiv geschädigt. Sollte die Regierung nicht Einspruch gegen die niederösterreichische Regelung erheben, werden die Mobilfunker zum Verfassungsgerichtshof gehen, so Barmüller heute. Seinen Angaben zufolge geht es nun um den "Lebensnerv der Mobilfunkbranche".

Befremdet zeigte man sich in der Mobilfunkbranche heute über das Gutachten, auf das sich Niederösterreichs Politiker beim Beschluss der Handymasten-Steuer beriefen. Dort heißt es nämlich: Die österreichischen Handytarife seien im internationalen Vergleich sehr niedrig, daher sei den Handybenutzern eine Tariferhöhung "zumutbar".

Gleichheitsgrundsatz

Der Chef der Telekom-Regulierungsbehörde RTR, Georg Serentschy, wies einmal mehr auf rechtliche Bedenken beim Gleichheitsgrundsatz hin. Schließlich gelte die Steuer nur für Mobilfunkmasten, aber nicht für andere Sendeanlagen.

Leitl: "Stoppt den Unsinn"

"Bitte stoppt den Unsinn", hieß es heute auch von WKÖ-Präsident Christoph Leitl. Maßnahmen wie die Handysteuer seien auch "psychologisch abträglich". Genauso gut könnte man auf (andere) Einrichtungen der technischen Infrastruktur oder auf Rohstoffe Steuern einheben, meinte Leitl. Bei der geplanten Steuer sei darüber kein (nicht-fiskalisches) Ziel bzw. eine Zweckbindung der geplanten Einnahmen erkennbar.

Salzburg

Der Bürgermeister und Finanzreferent der Stadt Salzburg und Städtebund-Vizepräsident Heinz Schaden (S), kann sich für Österreich eine Handymasten-Steuer als kommunale Abgabe, aber nicht als Landessteuer vorstellen. Die Gemeinden hätten vor Ort die Probleme mit der Errichtung und Betrieb neuer Mobilfunk-Anlagen.(APA)