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Die Elternteilzeitkarenz will gerade in den ersten Lebensjahren Vereinbarkeit ermöglichen.

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"Große Firmen sind entsetzt, wenn sie hören, was das Gesetz alles möglich macht. Es stellt sie vor unlösbare Probleme", so Franz Schrank, habilitierter Arbeits- und Sozialrechtler an der Uni Wien und in der Grazer Wirtschaftskammer für Arbeit und Soziales verantwortlich. Eine Menge von Klagen gegen Elternteilzeitkarenz von Unternehmensseite sind bereits anhängig. Seit kürzlich erstmals ein großes heimisches Unternehmen, das seiner Marketingfrau mehr Stunden abringen wollte, als sie beantragt hatte, vor Gericht den Kürzeren gezogen hat, zeige sich die Konsequenz in aller Klarheit, so Schrank.

Hintergrund der Klagen: In Betrieben ab 20 Mitarbeitern können seit Juli 2004 Eltern Teilzeit oder andere Arbeitszeiten verlangen, was sie unter vierjährigen Kündigungsschutz plus anschließenden Motivkündigungsschutz stellt. Unternehmen haben damit ihre Not. Nicht bloß, weil sie Mitarbeitern unterstellen, dass diese möglichst in den Genuss des Kündigungsschutzes gelangen möchten, sondern weil das Gesetz die Reduktion der Wochenstunden nicht festlegt.

Der Wiener Arbeitsrechtsexperte Roland Gerlach berichtet von regen Anfragen seitens Unternehmen, die mit ihren Arbeitsplatzbesetzungen nicht mehr zurechtkommen oder damit rechnen, dass keine Mitarbeiterin und kein Mitarbeiter mehr aus der Karenz in ein normales Arbeitsverhältnis zurückkehren könnte. Gerlach: "Was sollen denn Personalisten machen, wenn sie plötzlich auf einer Menge von 32-Wochenstunden-Regelungen sitzen?"

Personalchefs würden dadurch bei der Einstellung von jungen Frauen notgedrungen vorsichtig, sagt Professor Schrank. "Die große Schwierigkeit mit diesem Gesetz ist, dass es gegen Frauen wirkt, weil Unternehmen da jetzt sehr vorsichtig und verunsichert sind", bestätigt Elisabeth Stanger, Personalchefin von Eli Lilly in Wien. Von rund 200 Mitarbeitern seien bei Lilly derzeit acht Prozent schwanger oder in Karenz, sieben Prozent arbeiten Teilzeit.

Das Gesetz führe zu Unstimmigkeiten und erschwere die Personalplanung, so Stanger. Ihre Überzeugung: Wenn beide Seiten vor der Karenz gut zusammengearbeitet haben, dann funktioniere das auch nachher. "Die Koppelung mit dem Kündigungsschutz ist nicht notwendig, da reicht doch das normale Arbeitsrecht. Da ist das Gesetz überzogen."

Nachbesserung

Gerlach wünscht eine Nachbesserung des Gesetzes in Richtung Festlegen der Reduktion der Wochenarbeitsstunden: "Wenn alle von achtunddreißigeinhalb auf sechsunddreißig reduzieren, ist plötzlich die ganze Belegschaft kündigungsgeschützt." Personalreduktionen würden dadurch nur mehr auf dem Klagsweg möglich.

"Ich befürchte, dass das Gesetz jetzt als ein zusätzlicher Anknüpfungspunkt für weitere Diskriminierungen von Frauen dient", so Martina Thomasberger, Referat Frau und Familie in der Arbeiterkammer Wien. Für Thomasberger ist "erstaunlich", wie massiv Unternehmen derzeit den Klagsweg gegen Elternteilzeitkarenz beschreiten würden.

Aus ihrer Praxis der Gleichbehandlungsberatung zeige sich zudem seit geraumer Zeit, dass in Einstellungsgesprächen vermehrt "unzulässig nach Familienstand oder Familienplanung" gefragt werde. (kbau, Der Standard, Printausgabe 25./26.6.2005)