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Der indische Sitar-Spieler Ravi Shankar heißt sein Publikum willkommen

Foto: Reuters/Prammer
Wien - Wien hätte er zum ersten Mal anno 1932 besucht. Und er hoffe, dass er an die Wirkungsstätte des von ihm so verehrten Mozart noch einmal zurückkehren könne. Sollte dies nicht möglich sein, so empfehle er das geneigte Publikum an seine Tochter weiter. Auch Legenden dürfen sentimental sein. Das erste Wien-Konzert Ravi Shankars nach über 30 Jahren, das beim Jazzfest in der Staatsoper ein schon vorab enthusiasmiertes Publikum aus den Sitzen hob, es war von Ahnungen des Abschieds umweht.

Mit dem mittlerweile 85-Jährigen stand zweifellos ein Stück Musikgeschichte auf der Bühne, eine Legende des Austauschs zwischen mittelöstlicher und vor allem westlicher Musik. Sein Einfluss auf Jazz und Pop, seine Begegnungen mit Solisten wie Yehudi Menuhin und Jean-Pierre Rampal, sie alle erschütterten seit den 60ern in positiver Weise das eurozentristische musikalische Weltbild.

Einerseits. Andrerseits saß da einfach ein alter Sitar-Meister auf der Staatsopernbühne, dem seine Finger noch immer erstaunlich gute Dienste tun. Von zwei bedauernswerten, für den Tanpura-Bordun verantwortlichen Domestiken flankiert, von den virtuosen perkussiven Tabla-Farbenspielen Tanmoy Boses angetrieben, bot der Grandseigneur homöopathisch kurze, auf ein westliches Publikum abgestimmte Kostproben traditioneller Raga-Improvisationskunst.

Die 24-jährige Shankar-Tochter Anoushka (äußerlich ihrer Halbschwester Norah Jones nicht unähnlich), sie lieferte sich mit sportivem, "gitarristisch" wirkenden Sitar-Zugriff zuweilen charmante Pingpong-Duelle mit ihrem Vater. Die instrumentalen Leistungen wirklich einzuordnen, übersteigt die Kompetenz eigentlich. Beides, die wendigen Saitenkunst-Variationen und das Wissen um Ravi Shankars historische Relevanz, sie ergaben dessen ungeachtet einen historischen Jazzfest-Abend.

Das Licht des Soul

Solomon Burke spielt zwar keine Sitar, doch pflegt auch er seine Kunst im Sitzen zu zelebrieren. Sie reicht vom sanften Flüstern bis hin zu zornigen Soul-Appellen in den hohen Lagen und lässt bei jedwedem Liedchen gewissermaßen das Licht angehen. Burke findet immer einen Weg, aus den Songs Wesentliches heraus zu kitzeln. Zudem verfügt er über sprechende Hände und zeigt, dass man auch im Sitzen tanzen kann.

Das ergibt eine optisch doch eigenwillige, aber charmante Show. Während seine Glatze von Tochter oder Sohn immer wieder sanft vom Schweiß befreit wird, küsst Burke Rosen und wirft sie ins Publikum. Später sind auch CDs dabei. Und damit es ganz kuschelig wird, bittet er schließlich eine Menge Publikum auf die Bühne, lässt es singen, und: Kollege Eddie Floyd ist auch dabei.

Zu diesem Zeitpunkt war die Bühne sehr voll, doch Burke mag sie recht leer vorgekommen sein. Er hat sich zu 21 Kindern bekannt, kann also an Klaustrophobie keinesfalls leiden. (felb, tos, DER STANDARD, Printausgabe vom 4.7.2005)