EU-Parlamentspräsident Josep Borrell sprach nach dem Kippen der Richtlinie zu Patenten (der WebStandard berichtet ) auf computerimplementierte Erfindungen am Mittwoch von einer Premiere: "Das erste Mal hat das Parlament einen gemeinsamen Standpunkt des Rates abgelehnt", sagte Borrell bei einer Pressekonferenz.

Abänderungsanträge

Der Parlamentspräsident kritisierte die Vorgehensweise der Kommission während des Gesetzgebungsprozesses: Man habe in erster Lesung zahlreiche Abänderungsanträge eingebracht, die die Kommission "höflich gesagt ignoriert" habe. "Wir haben deutlich gemacht, dass wir als verfassungsgebendes Organ gleichberechtigt sind und entscheiden", meinte er.

"Eindeutiges Signal"

Der zuständige Berichterstatter, Michel Rocard, sprach von einem "eindeutigen Signal" an Rat und Parlament. Der Kommission warf er "eine sarkastische Arroganz" gegenüber den Einwänden der EU-Parlamentarier vor. Diese habe die Abänderungsanträge des Parlaments, die vergangenes Jahr bei der ersten Lesung eingebracht worden waren, ignoriert und auch versucht, eine Diskussion über die Richtlinie im Rat zu unterbinden.

Laut Borrell hat das Parlament vor der heutigen Entscheidung erst drei Mal eine Richtlinie gekippt. Allerdings habe es sich um Vorlagen aus dem Vermittlungsausschuss gehandelt. Ein gemeinsamer Standpunkt des Rates sei noch nie abgelehnt worden.(APA)