Graz - Pierre-Laurent Aimard kann neben Nikolaus Harnoncourt inzwischen wohl als zweiter Fixstern der styriarte gelten. Der französische Ausnahmepianist, der in Graz bereits sämtliche Klavierkonzerte Beethovens aufgenommen hat, widmet sich diesmal Mozart - allerdings ohne Harnoncourt. Aimard dirigiert das Chamber Orchestra of Europe vom Klavier aus, was dem Instrument - des fehlenden reflektierenden Klavierdeckels wegen - zwar etwas Brillanz raubte, den musikalischen Fluss dafür aber aus einem Guss erscheinen ließ.

Aimard hatte die drei in B-Dur stehenden Konzerte KV 238, KV 450 und KV 595 - Mozarts letztes Klavierkonzert - gewählt. Wie er dieser weichen Tonart nun die verschiedensten Facetten abgewann und jedes der drei Konzerte mit einer gänzlich anderen Interpretationsphilosophie ausformte, war überraschend.

Obwohl immer den gleichen Klangkörper bzw. den gleichen Flügel verwendend, entlockte Aimard beiden verschiedenste Nuancen an Klangfarben und formte den Abend zu einem mehrgängigen und dramaturgisch sinnvollen Klangmenü.

Den Beginn machte das würzige und in Aimards Interpretation primär vom Rhythmus bestimmte Konzert KV 238 (1776), gefolgt von dem sowohl mit symphonischer Breite als auch klammermusikalischer Detailverliebtheit ausgestatteten Konzert KV 450 (1784). Aimard und das Orchester spielten einander die Themen gleich Ballzauberern virtuos zu, um die Klänge wie in einem Torjubel wiederholt stürmisch zur Entladung zu bringen.

Ganz anders das Konzert KV 595. Aimards enorm kultivierter, pastellfarbener Anschlag verschmolz hier mit dem weichen Orchesterklang. Dieses Ausnahmekonzert wurde in einer selten zu hörenden Perfektion gespielt, bar jeder Hektik und ohne falschen Ehrgeiz, sich oder die Musik groß zu präsentieren. Es gibt sie noch, die klingende Utopien. (DER STANDARD, Printausgabe, 08./09.07.2005)