Wien - Es dauerte nicht lange, da war sich jeder Hörer bei diesem atemberaubend farbigen Klavierspiel bewusst, dass der Pianist Tzimon Barto in die erste Liga gehört.

Robert Schumanns Kreisleriana-Fantasien sind ja schon ihrer puren Opulenz wegen ein Publikumsmagnet. Was Barto zum großen Schumann-Interpreten macht, ist sein architektonischer Balancesinn. Es gelang ihm hier, ein Klanggebäude zu errichten, das von seidenen Fäden zusammengehalten wurde. Hysterische Dinge mögen sich in diesem Gebäude wohl zutragen, in denen laut Schumann er und Clara Wieck die Hauptrolle spielen, aber es bleibt doch eine fis-Moll-Sonate.

Bereits der erste Satz Äußerst bewegt und das dritte Intermezzo I sehr lebhaft kamen mit großer Wucht daher. Nummer sechs Sehr langsam erschienen dann wieder jugendlich und unprätentiös.

Zwischen die Musik stellte Karl Markovics an jenem ersten Abend des Klangbogen-Zyklus Barto im Museumsquartier Auszüge aus dem Roman Lebensansichten des Katers Murr nebst fragmentarischer Biografie des Kapellmeisters Johannes Kreisler in zufälligen Makulaturblättern, in dem E. T. A. Hoffmann die wechselhaften Lebenserfahrungen des Musikers Kreisler zwischen Liebe und Kunst einerseits und dämonischer Leidenschaft und Wahnsinn andererseits beschreibt.

Tzimon Barto, auch mit Prosa und Poesie vertraut, kennt demnach die Vielschichtigkeit des Werkes, kennt auch den bewegt-hetzenden Teil der Schumann-Seele, den stürmischen Florestan. Vor allem durch die trommelnden Bässe bekommen die Sätze eine eigene Dynamik, sie leben quasi nebenher. Dann: Wie das Thema des Anfangs des zweiten Satzes im fünften und sechsten Takt zum Kontrapunkt wird, wie nach dem Wiederholungszeichen die Melodie zum Bass gegeben und der Sopran zur liegenden Stimme wird - das bedeutet subjektive Freiheit. Die in einem Feuerwerk aufging. (DER STANDARD, Printausgabe, 19.07.2005)