Joe ist einer, der sich schuldig macht, indem er die Dinge einfach geschehen lässt. Setzt er einmal eine kleine, initiative Geste, dann wirkt er trotzdem rasch wieder wie ein teilnahmsloser Beobachter seiner selbst. Viel eher scheinen hier Umfeld und Setting den Verlauf der Ereignisse mitzubestimmen: ein enges Boot oder eine viel zu kleine Wohnung, räumlich kaum vom Intimbereich anderer abgeschieden, oder ein Strand, der offenkundig als Treff für Kontaktsuchende fungiert.
Doppelgleisig
Zwischen diesen Stationen und um diese seltsam entrückte Hauptfigur entfaltet sich in Young Adam eine doppelgleisige Erzählung vom Sündenfall, die sich vor allem um Joes Frauenbekanntschaften und seine allmähliche Verstrickung in einen Mordprozess dreht. Der Fund einer weiblichen Wasserleiche initiiert eine Serie von Rückblenden. Dazwischen geht das Leben weiter. Während wir einerseits erfahren, was den wortkargen Schiffergehilfen mit der unbekannten Toten verband, werden wir andererseits Zeuge, wie er (zunächst) mit der verheirateten Schiffseignerin eine Affäre beginnt.
Das Zeitkolorit - wir befinden uns in den 1950er-Jahren - wird mittels fahler (Wasser-) Farben hergestellt. Roter Lippenstift leuchtet darin umso intensiver. Die Körper und Gesichter wirken ungeschminkt und herbe. Neben Ewan McGregor, der Schauerlichkeiten wie seine Star Wars-Auftritte einigermaßen vergessen lässt, agiert Tilda Swinton als zähe Schiffersfrau. Die britische Schauspielerin, 1986 von Derek Jarman fürs Kino entdeckt und nicht selten als ätherische Erscheinung besetzt, spielt hier eine ausgezehrte Vertreterin der Arbeiterklasse wie aus dem historischen Fotoband.