Anna Netrebkos kommerzielle Vermarktung mag ein bisschen weit gehen, die russische Sängerin repräsentiert allerdings einen Trend in der Branche. Die CD-Firmen sind nicht mehr bereit, alles mit jedem zu veröffentlichen, sie suchen Sängerinnen, die sich gut vermarkten lassen. Auch Opernhäuser sind strenger geworden. Es reicht nicht mehr, Partien nur stimmlich rollengerecht zu besetzten, auch das Aussehen sollte der Glaubwürdigkeit der Inszenierung dienen.

Der Fall Deborah Voigt: Wegen nicht rollengerechter Figur wurde sie aus einer Londoner Produktion gekippt. Mittlerweile wiegt sie 40 Kilo weniger; sie hat sich einen Magenbypass einsetzen lassen. Wer gut singt (vor allem italienisches und französisches Repertoire), schauspielern kann sowie ästhetisch etwas rüberbringt - der bekommt den Vorzug. Angela Gheorghiu etwa. Sie ist nach Netrebko die wichtigste Kommerzfigur der Branche und exklusiv bei der EMI. Hinzuzählen muss man auch Cecilia Bartoli, ein echtes Phänomen. Mittlerweile platziert sie ihre CDs an die Spitze der Klassikcharts auch mit einem Raritätenrepertoire.

Abseits dieser Namen ist noch die Tschechin Magdalena Kozená zu nennen, die mit Dirigent Sir Simon Rattle liiert ist. Und unlängst hatte auch Patricia Petibone in Wien einen fulminanten Erfolg mit Nikolaus Harnoncourt und Mozart. Sie könnte die Nächste sein, die in den "Genuss" einer konzentrierten Promotionaktion kommt. Natürlich lässt auch die Musikgeschichte in Form von Maria Callas die Firmenherzen höher schlagen. Sie ist nach wie vor ein Bestseller (für die EMI).

Andere Damen sind zwar in Opernhäusern Stars, aber für den CD-Markt nicht relevant. Eine Ausnahme ist hier Koloraturwunder Edita Gruberova - sie publiziert auf ihrem eigenen Label Nightingale. Die anderen widmen sich vor allem dem deutschen Fach zwischen Mozart, Wagner und Strauss und heißen Angela Denoke, Deborah Polaski und Waltraud Meier. (tos/DER STANDARD, Printausgabe, 06./07.08.2005)