In Tirol haben sich einige Forscher und Technologieentwickler vernetzt, um mit Diamantschichten wirtschaftlich verwertbare Ergebnisse zu erzielen. Das Nano-Diamant-Netzwerk (NADINE), gemanagt und koordiniert vom Kompetentzentrum Medizin Tirol (KMT) und der rho-BeSt coating GmbH, finanziell unterstützt durch die Österreichischen Nano-Initiative, hat sieben Projektpartner: Die inhaltliche Verantwortung liegt aber beim Unternehmen rho-BeSt, das Diamantschichten in einem speziellen Verfahren herstellt - bei niederem Druck, aber hoher Gastemperatur aus methanhaltigen Gasen und Wasserstoff.
Zellkulturen
Im Rahmen einer Diplomarbeit haben die Forscher nun erkannt, dass sich Insulin produzierende Zellen, die aus gesunden Bauchspeicheldrüsen stammen, auf den Schichten rascher entwickeln - und dann Diabetikern in die Leber injiziert werden könnten (siehe unten stehenden Bericht). Das Ziel: Zuckerkranke sollen kein künstliches Insulin mehr spritzen müssen.
Aber auch zur Krebsfrüherkennung können die Diamantschichten beitragen: Durch die spezifischen Eigenschaften stellen sie einerseits einen aktiven Sensor zur Detektion verschiedener Stoffe dar. Andererseits lassen sich Sensoren für biomedizinische und chemische Analysen so funktionalisieren, dass man Biomoleküle, etwa Krebs in einem sehr frühen Stadium, erkennen kann.
Womit aber die Anwendungsmöglichkeiten der Diamantfilme im medizinischen Umfeld freilich nicht erschöpft sind. Einer der NADINE-Partner, das Institut für Physikalische Chemie in Innsbruck, beschäftigt sich mit der Leitfähigkeit von unterschiedlich modifizierten nanokristallinen Diamantoberflächen. Von einer Forschergruppe wird derzeit untersucht, wie man bessere und langlebigere Zahnimplantate herstellen könnte. Auch die Anwendung von nanokristallinen Diamantfilmen zur Beschichtung von implantierten Hörgeräten will man möglich machen. So soll deren Langzeitverträglichkeit verbessert werden.
Eine besondere Eigenschaft der Schichten ist ihre chemische Stabilität. Weder Säuren noch Bakterien können ihnen etwas anhaben. Dennoch erlaubt die besondere Oberflächenstruktur der Schichten den Chemikern, die Oberfläche so zu gestalten, dass Biomoleküle ebenso wie pharmazeutische Wirkstoffe an ihr gebunden werden können. "Auf diese Weise lassen sie sich je nach Anwendungsgebiet so gestalten, dass sie etwa vom körpereigenen Gewebe gut angenommen werden", meint Institutsvorstand Erminald Bertel.
In Tirol will man aber auch die Entwicklung der Diamantschichten für die Halbleiterbranche vorantreiben. Diamant-Chips würden sich besonders für den Hochtemperaturbereich bis 700 Grad Celsius eignen, hieß es schon vor Jahren. Das herkömmliche Silizium ist dagegen schon bei etwa 150 Grad am Ende seiner Kräfte. Ein weiterer Vorteil: das extrem große Elastizitätsmodul von Diamant-Halbleitern. Mit diesen Eigenschaften seien höhere Frequenzen möglich, sagen Experten.
In Tirol hält man sich, was die Entwicklung in diesem Bereich betrifft, relativ bedeckt. Doris Steinmüller-Nethl, Geschäftsführerin von rho-BeSt, verweist auf Konkurrenz aus Japan. Hier ist es Wissenschaftern des Chemie- und Stahlkonzerns Kobe Steel gelungen, einen Silizium-Wafer von einem Zoll Durchmesser mit einer Schicht aus künstlichem Diamant zu versehen. Ende 2006 will das Unternehmen die Serienfertigung größerer Wafer aufnehmen.