Bern - Ein umstrittenes Exponat der aktuellen China- Ausstellung im Berner Kunstmuseum besteht tatsächlich aus Teilen eines menschlichen Fötus. Das Exponat wird nun vorerst aus der Ausstellung entfernt. Am 22. August findet im Kunstmuseum ein Expertensymposium zu Fragen im Zusammenhang mit dem Werk statt. Danach wird über das weitere Vorgehen entschieden.

Nachfragen der Museumsverantwortlichen beim Künstler ergaben, dass es sich bei dem Exponat um ein menschliches Präparat handelt, das seit den 60er oder 70er Jahren zu Studienzwecken im Naturhistorischen Museum in Peking ausgestellt war. Der Künstler habe den Kopf des sechs Monate alten Fötus von einem Forscher des Museums erhalten, der die Aufgabe hatte, die alten Präparate zu entsorgen und durch neue zu ersetzen.

Das Objekt

Bei dem Werk des chinesischen Künstlers Xiao Yu handelt es sich um den Körper eines Vogels mit einem aufgesetzen menschlichen Fötenkopf. Es wird - ähnlich einem wissenschaftlichen Präparat - in einem mit Flüssigkeit gefüllten Glasbehälter präsentiert. Der Glasbehälter ist einer von sechs, die gemeinsam das Werk mit dem Titel "Ruan" bilden. Vorerst entfernt wird nur das Glas, das den menschlichen Fötus enthält.

"Ruan" war 1999 während rund einem halben Jahr auf der Biennale in Venedig zu sehen, ohne dass es zu Beanstandungen gekommen wäre, wie das Kunstmuseum Bern festhält. Die Arbeit habe vielmehr als wichtige Aussage zur damals aktuellen Diskussion um Fragen der Genmanipulation Beachtung gefunden.

Strafanzeige

Wegen Störung des Totenfriedens, Gewaltdarstellung und Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz hat der Walliser Historiker und Blog-Journalist Adrien de Riedmatten am Montag Strafanzeige eingereicht. Die Anzeige richtet sich gegen den Künstler und gegen die Museumsverantwortlichen, aber auch gegen den ehemligen Schweizer Botschafter in China, Uli Sigg. Dieser ist der Besitzer der ausgestellten Sammlung chinesischer Kunst.

Der Künstler Xiao Yu wurde 1965 in der Region Innere Mongolei geboren. Derzeit lebt und arbeitet er in Peking. Er zählt laut Ausstellungskatalog "zu den radikalen Künstlern Chinas". Im Katalog zur Ausstellung "Mahjong" heißt es weiter, dass der Künstler für sein Oeuvre lebende und tote Tiere als Materialien einsetzt. Er habe auch schon lebende Tiere zusammengenäht und ihre "durch die plötzliche Einleibigkeit entstandenen Probleme mit der Videokamera festgehalten".

Im Ausstellungskatalog wird der Künstler dazu mit folgender Aussage zitiert: "Ich kombiniere Hühner, Enten, Kaninchen und Mäuse nach meinen Regeln, um den bedingten Reflex der Zuschauer hervorzurufen, über die Absurdität der Regeln der Menschen und über die Ratlosigkeit, die uns lähmt nachzudenken. Deshalb assoziieren manche Zuschauer meine zusammengenähten Mäuse mit den Regeln der Ehe, oder der Armee, meine zusammengesetzten Tiergruppen mit sozialen Klassen".(APA/sda)