"The End Of The World" von Skeeter Davis

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Seit Jahrtausenden wird die Menschheit von dem Wunsch umgetrieben, dass die Mühsal des Alltags mit einem Schlag vorüber sei. Ebenso lange orakeln Mahner und Künder unterschiedlichster Herkunft über die baldige Apokalypse. Unter den Weltuntergangspropheten finden sich etablierte Wirrköpfe, doch Martin Luther sah das Ende der Tage gleich dreimal heraufziehen: 1532, 1538 und 1541. Von den Weltuntergangsprophezeiungen der vergangenen zehntausend Jahre ist nur eine einzige wahr geworden, nämlich die, die die amerikanische Country-Sängerin Skeeter Davis in ihrem Lied The End Of The World formulierte.

Listig verlegt sie die Apokalypse in ihre Gefühlswelt: "Don't they know it's the end of the world, cause you don't love me anymore". Davis legt ihrem Lied eine radikale Interpretation der postmodernen Erkenntnistheorie zugrunde, dass jeder Mensch dank schlecht funktionierender Sinnesorgane in seiner eigenen Realität lebt und dass es deshalb möglich sein kann, die eigene Welt untergehen zu sehen, während Freunde und Kollegen davon gar nichts mitbekommen. Hätte Luther Skeeter Davis' Lied gekannt - es wäre ihm manche Peinlichkeit erspart geblieben. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.8.2005)