Karikatur: Oliver Schopf

Cartoon: Standard/Schopf
Cristina Edlinger-Ploder weiß, wovon sie spricht. "Netzwerke knüpfen, intervenieren, erkennen, wen ich wann anreden kann – all das lernt man als Bürochef. Das ist eben eine gute politische Schule." Eine, von der auch sie profitierte: Die steirische Finanzlandesrätin wechselte im Jahr 2003 direkt aus dem Landeshauptmannbüro Klasnic in die Landesregierung – eine steile Karriere.

Und eine logische, findet Kurt Scholz – der einst bei Helmut Zilk werkte und nun den Restitutionsfonds in Wien führt: "Man hat im Büro eines Landeshauptmanns das Privileg, den gesamten politischen Kreis kennen zu lernen." Allerdings dürfe man die eigene Position nicht überschätzen: "Man hat nicht Macht, aber man hat Einfluss auf die Macht. Man kann Person X rascher oder weniger rasch Termine geben."

Gerade wegen ihrer Macht sind ein aktiver und ein ehemaliger Bürochefs jedoch nun in die Schlagzeilen geraten: Martin Ivancsics, Büroleiter von Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl, mischte beim Bank-Burgenland-Deal mit. Und Johannes Andrieu, Leiter des steirischen Rechnungshofes, brachte mit seinem Rohbericht zum Tierpark Herber^stein seine Ex-Chefin Waltraud Klasnic in schwere Wahlkampfturbulenzen.

Transparenz fehlt

Ein Büroleiter, dem sein Chef substanzielle Verhandlungen überlässt oder der jetzt verantwortlich für die Kontrolle von jenen Bereichen ist, für die er vielleicht selber einmal mitverantwortlich war? "Da fehlt es an klaren Richtlinien und Transparenz in Sachen Unvereinbarkeit", kritisiert der Politologe Peter Filzmaier den Aufstieg Andrieaus vom Ausführenden zum Kontrolleur. Ein Befund, den Scholz nur bestätigen kann: "Ohne tiefe persönliche Loyalität kann man den Job des Büroleiters nicht machen. Insofern bin ich auch skeptisch, ob ein Bürochef seine Ex-Chefin kontrollieren kann."

Von Andrieu, der auch schon unter Landeshauptmann Josef Krainer diente, wird überliefert, dass er Telefonate gerne mit der bestimmenden Floskel "Der Herr Landeshauptmann hätt gerne" einleitete – indirekter lässt sich direkte Macht wohl nicht umschreiben.

Abseits von dieser Spezialkarriere hält Walter Waniczek, Büroleiter von Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, den Aufstieg vieler Büroleiter für quasi logisch: "Organisationstalent, belastbar, stresserprobt, wichtige Kontakte – solche Leute sind für Unternehmen besonders interessant", bescheibt er sein Jobprofil.

Wohl auch deshalb gibt es viele Beispiele für glänzende Karrieren von Ex-Büroleitern in landesnahen Unternehmen: Hermann Dikowitsch wechselte etwa aus dem Büro des Niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll als Geschäftsführer in die Schallaburg Betriebs- GmbH. Der Vizebürgermeister von Linz, Erich Watzl, verdiente sich Vertrauen (und wohl auch gute Kontakte) als Bürochef des ehemaligen oberösterreichischen Landeshauptmanns Josef Ratzenböck. Josef Liener, Kabinettschefs von Tirols Ex-Landeshauptmann Wendelin Weingartner (ÖVP), stieg nach Abtritt seines Chefs zum Landesamtsdirektor auf.

Die Amtsdirektionen scheinen überhaupt ein beliebter Verschubort zu sein: Auch der legendäre Bürochef des steirischen Landeshauptmanns Josef Krainer senior, Alfons Troppa, landete dort. Zuvor hatte der äußerst konservative Bürokrat in Verkennung seiner Macht noch versucht, Krainer zu beerben.

In Wien stiegen die Büroleiter vor allem innerhalb des Großbetriebs Magistrat auf: Josef Bandion, Büroleiter von Leopold Gratz, wurde Magistratsdirektor – und heftiger Gegenspieler von Helmut Zilk. Kurz nach Zilks Abgang wurde Bandion von Zilks Büroleiter Ernst Theimer abgelöst. Theimeras Vorgänger als Zilks Bürochef wiederum, Karl Skyba, kletterte an die Spitze der Wiener Stadtwerke.

"Nur ein kleiner Teil der Büroleiterkarrieren sind Versorgungsjobs. Sehr oft ist der Büroleiter das Training und das Sprungbrett für die spätere Karriere", analysiert Politologe Fritz Plasser. Während Minister-Sekretäre oft in die Politik einsteigen, wird aus dem Büro der Landeshauptleute eher in die Verwaltung oder landesnahe Unternehmen gewechselt. Das habe mit der Jobdescription zu tun, findet Plasser: "Als Ministersekretär agiert man viel politisch-strategischer. Die Spielregeln bei Landeshauptleuten sind viel regionaler und offener und weniger exponiert."

Seilschaften, die halten

Ausnahmen bestätigen die Regel. Der jetzige SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos war zwar nicht Büroleiter, aber werkte im Land: als Pressesprecher des Ex-Landeshauptmanns Karl Stix im Burgenland. Auf Bundesebene durchziehen ganze Büroleiter-Seilschaften die politisch Landschaft. Besonders effektiv ist die Agrarschiene: Umweltminister Josef Pröll (ÖVP) war Büroleiter bei seinem unmittelbaren Vorgänger Wilhelm Molterer. Molterer selbst diente sich durch die Büros vom oberösterreichischen Agrarlandesrat Leopold Hofinger, Umweltminister Josef Riegler und Franz Fischler – bis er schließlich selbst auf den Chefsessel kletterte.

Wie wirksam die Sprosse "Büroleiter" auf der Karriereleiter sein kann, zeigt auch Birgit Strimitzer-Riedler, Leiterin der steirischen Wissenschaftsabteilung. Auch sie war einst Büroleiterin: bei Kristina Edlinger-Ploder. (DER STANDARD, Print, 13./14.8.2005)