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AP/Christof Stache
Rund ein Jahr ist es her, dass die Geschäftsführung auf sie zugekommen sei, gemeinsam mit Führungskräften und Mitarbeitern die heute als "Karrierefahrplan" bekannte Entwicklungsmöglichkeit in die Unternehmensstruktur von Hyperwave zu implementieren. Die Software-Entwicklungsfirma, 1997 als Spin-off der TU Graz (zwölf Studenten, zwei Professoren) ins Leben gerufen, zählt heute 90 Mitarbeiter, die im Schnitt - und das sei für ein Software-Unternehmen recht ungewöhnlich - alle über vier Jahre im Unternehmen tätig sind. Durchwegs junge Menschen, zum Teil noch im ersten Job. "Die Firma wollte den Anspruch auf Veränderung anerkennen - natürlich auch, damit den Mitarbeitern nicht langweilig wird", so Projektverantwortliche Joanna Noemi Pusch. Der zweite Grund war jener zur Unterstützung der Organisation. Human Resources, Trainings und alles damit Einhergehende sollten mit der Technik synchronisiert werden. "Wir wollten den Mitarbeitern helfen, ihr Potenzial geltend zu machen und sich innerhalb dieses Systems auch zu deklarieren", so Pusch weiter.

Behutsame Umsetzung

Bei flachen Hierarchien, die in Softwarehäusern grundsätzlich üblich seien, sei das Rollenverständnis und deren Verteilung immanent - zur eigenen Abgrenzung, aber auch als Voraussetzung für die persönliche und fachliche Weiterentwicklung mit oder ohne Personal- oder Projektverantwortung.

In Workshops wurde das aus Gruppenleitern bestehende Projektteam angehalten, eigene Perspektiven, Wünsche, Erwartungen und Empfehlungen für die Gestaltung einer "Fachkarriere" einzubringen. Pusch: "Das allein verlangt schon hohe Flexibilität, zumal alle Teilnehmer - Führungskräfte sowie Mitarbeiter - Techniker sind und mit Personalthemen bis dato nichts zu tun hatten." Vier Themenblöcke wurden in den sechs Monaten seit Projektbeginn bearbeitet: "Unternehmenskultur", "Karrieredefinition", "Karrierestationen" und "Organisatorische Umsetzung".

Für den praktischen Teil - in der Phase stehe man im Moment - habe sich die Belegschaft ebenfalls sechs Monate Zeit gegeben. Grobe Umstrukturierungen seien nicht notwendig gewesen, habe man doch lediglich Strukturen explizit dargestellt, die ohnedies schon implizit vorhanden gewesen seien, so Pusch. "Eigentlich haben wir für die praktische Umsetzung des Systems vor allem spezielle Situationen in kleinen Gruppen geübt", sagt Pusch. Dabei habe man sich u. a. des Modells der amerikanischen Debattierklubs bedient, also einem Pro- stets ein Kontra-Argument gegenübergestellt und dabei von der Genauigkeit dieser Methode profitiert. Im Rahmen einer Großveranstaltung wurde letztlich das neue Konzept präsentiert.

Vor- und Darstellung

In der Folge wurde mithilfe von "Change Agents", Mitarbeitern am Projekt selber, innerhalb kleinerer Gruppen offenen Fragen auf den Grund gegangen. "Das ist durchwegs gut angekommen - soweit sind keine Fragen mehr offen", so Pusch. Denn vor allem anderen stehe - so die Projektverantwortliche - die Wertschätzung eines jeden Mitarbeiters, einer jeden Rolle. "Das ist Teil unserer Unternehmenskultur." Deshalb seien alle Veränderungspunkte vorab mit den fünf Firmen-Leitsätzen gegengecheckt worden:

1. Die Bewahrung der positiven Unternehmenskultur

liegt im Verantwortungsbereich aller Mitarbeiter.

2. Das Karrieresystem,

seine Wege und Rollen sind klar definiert.

3. Für jeden Mitarbeiter

gibt es mindestens einen Platz und einen Weg im System.

4. Die Umsetzung

innerhalb des Systems ist nachvollziehbar.

5. Die neuen Rollen

sind in bestehende Strukturen und Prozesse formell eingebunden. Die Einbindung in die Unternehmensstruktur verlief reibungslos: "Bei flachen Hierarchien, müssen Rollen - in der Grafik mit Punkten markiert - klar definiert sein. Die Pfeile links und rechts zeigen, dass man von jeder Seite ,einsteigen' und sich auch in eine beliebige Richtung bewegen kann", beginnt Pusch den Fahrplan zu erklären. Alle Positionen seien dabei gleichwertig - ob mit oder ohne Personal- oder Projektverantwortung. Wichtig sei dabei allein die Eigeninitiative. Über die Querverbindungen werde eine mögliche Interaktion zwischen den Rollen dargestellt, die wiederum in eine Projekt-oder Führungskarriere münden oder sich im Rahmen einer Fachkarriere weiterentwickeln könnten - je nachdem, wofür sich der Mitarbeiter interessiere.

"Vielleicht", so Joanna Noemi Pusch, "ist diese Fachkarriere noch nicht ganz öffentlichkeitstauglich." Bei einem klassischen Bewerbungsgespräch könne man heute kaum angeben, keine Führungsverantwortung übernehmen zu wollen, sagt sie. "Aber es ist meiner Ansicht nach - und auch in Anbetracht der gesellschaftlichen Entwicklung - eine dringend notwendig Alternative, die in allen Organisationen angeboten werden sollte. Schließlich wollen viele Menschen heute etwas anderes, als sich bloß ,einen Orden verdienen'." (Der Standard, Printausgabe 13./14./15.8.2005)