"Sudelküche in der ÖVP"? Pilz vs. Lopatka

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Wien – Wahlkampfzeiten sind auch immer Zeiten intensiver Schulung, die vor allem der jeweiligen Parteijugend beibringen soll, wie und wohin der Hase zu laufen hat.

So bietet beispielsweise die Politische Akademie der ÖVP zur Zeit eine "Wahlkampfleiter-Ausbildung" an, die "maximal 15 Teilnehmern" das einschlägige Handwerk beibringen will. Zielgruppe sind "zukünftige Wahlkampfmanager für Wahlen auf Landes- bzw. Bundesebene". Bewerbungsschluss ist der 31. August 2005. Zum erfolgreichen Abschluss gibt es das Zertifikat "Wahlkampfleiter".

Was der können muss, wird in diversen "Modulen" zusammengefasst, die unter anderem Analyse, Wahlkampf^management, Jugendwahlkampf, Kommunikation und Event Management umfassen. Unter Punkt vier werden die potenziellen Wahlkampfleiter mit der Medienarbeit und dem Internet vertraut gemacht, wobei einem Punkt besonderes Gewicht zukommt: der Vermittlung des "Negative Campaigning" und seiner Darstellung "anhand konkreter Beispiele".

Außerdem "befasst sich dieses Modul mit einem professionellen Internetwahlkampf mit all seinen vielen verschiedenen Ausprägungen". Die laufen nach Ansicht des grünen Abgeordneten Peter Pilz, dem das VP-Papier zugespielt wurde, vor allem in einem Punkt zusammen: "So wie andere Parteien Rhetorikausbildungen anbieten, bietet die ÖVP Rufmord an. Was in der Steiermark als Einzelfall bezeichnet wurde, ist in Wahrheit Teil einer systematischen Ausbildung." Und das auf Kosten der Steuerzahler, kritisiert Pilz – schließlich habe die Politische Akademie für das laufende Budgetjahr 3,5 Millionen Euro an öffentlicher Unterstützung bekommen.

Nur Abschreckung

ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka entgegnet: "Was die Junge ÖVP tut, ist genau das Gegenteil. In diesem Seminar werden abschreckende Beispiele von Negative Campaigning gezeigt, damit die Wahlkampfleiter wissen, dass man so etwas nicht tut." Und natürlich, schiebt Lopatka nach, stammen die verwendeten Beispiele alle aus roter Hand.

"Wir zeigen etwa, wie unsere Präsidentschaftskandidatin Benita Ferrero-Waldner verunglimpft wurde oder wie SPÖ-Oberösterreich-Chef Erich Haider und die roten Gewerkschafter im Landeswahlkampf agiert haben", zählt JVP-Obfrau Silvia Fuhrmann die angeblich zur Abschreckung dienenden Unterrichtsbeispiele auf, "das geht bis zu den Verunglimpfungen im Kurt-Waldheim-Wahlkampf".

Mit Learning by doing habe das aber sicher nichts zu tun. Fuhrmann: "Wir wollen, dass unsere Wahlkampfleiter einen ethisch-moralischen Zugang bekommen und wissen, wo die Grenzen liegen. Das ist keine Anleitung zum Selbermachen. Außerdem geht Negative Campaigning nur nach hinten los." Sprich: Es schadet dem Angreifer meistens mehr als dem Angegriffenen.

Erklärungen, die dem Grünen Pilz nicht ausreichen: "Wir wollen wissen, seit wann diese Ausbildung durchgeführt wird und wer dafür verantwortlich ist. Und wir halten fest, dass sich die ÖVP, über 20 Jahre hinweg betrachtet, wesentlich schmutzigerer Methoden bedient als die SPÖ – obwohl dort auch nicht nur Ministranten agieren. Wo andere Parteien Arbeitszimmer haben, hat die ÖVP eine Sudelküche. Das ist übrigens nicht der Stil aller Parteien: Bei uns gibt es das nicht."

Aus der Politischen Akademie der ÖVP war keine Stellungnahme zu erhalten. (DER STANDARD; Print-Ausgabe, 17.8.2005)