Unmittelbar nach Bekanntwerden der Todesnachricht eilte "Bruder Alois" – seit 32 Jahren Teil der Bruderschaft – von Köln zurück in das französische Kloster. Eine Rückreise, die der "Erzengel" – so wird Frère Alois von seinen Mitbrüdern genannt – bereits in seiner Funktion als neuer Prior von Taizé antrat. Frère Alois fällt jetzt die schwere Aufgabe zu, der ökumenischen Gemeinschaft in Burgund über die brutale Ermordung ihres Gründers hinwegzuhelfen.
Die Nachfolge in der französischen Mönchsgemeinschaft war bereits seit Jahren geregelt worden. "Frère Roger selbst hat Bruder Alois für diese große Aufgabe vorgesehen und diese Entscheidung bereits vor acht Jahren bekannt gegeben", teilte ein Mitglied der Gemeinschaft, Bruder Emile, am Mittwoch dem französischen Sender France 3 mit.
Bruder Alois trat bereits im Alter von 19 Jahren in die Gemeinschaft von Taizé ein. "Es waren die Begegnungen mit Brüdern, die glaubhaft vorlebten, dass das Evangelium kein Traum ist, sondern dass man es in einer Gemeinschaft schon für die Gesellschaft vorwegnehmen kann", schilderte der Katholik einmal Beweggründe für seinen Beitritt. Kaum einer in Taizé habe, so heißt es dort, die Grundgedanken der Bewegung so verinnerlicht wie Frère Alois. Er gilt als heimlicher "Missionar" der Gesellschaft, auch wenn der freundliche und einnehmende Mann eine solche Bezeichnung wohl stets zurückweisen würde.
Der Nachfolger des ermordeten Frère Roger hat sich in den letzten Jahren vor allem mit der Organisation zahlreicher Taizé-Treffen im Ausland, darunter das jährliche Europatreffen zum vergangenen Jahreswechsel in Lissabon, einen Namen gemacht. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs standen vor allem Reisen durch Osteuropa im Vordergrund, um für die Idee einer die Konfessionen zusammenbringenden Bewegung zu werben.