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Fotos: Reuters/Hanna, Reuters/Njuguna, Reuters/Jarekji, Montage: derStandard.at
Washington - Eine Gruppe von Biologen und Ökologen rund um Josh Donlan von der Cornell University hat in "Nature" einen Plan vorgestellt, der ebenso nostalgisch wie utopisch erscheint: Die "Wiederbelebung" der bis vor nicht allzu langer Zeit noch artenreichen Megafauna des nordamerikanischen Kontinents.

Bis vor etwa 13.000 Jahren bevölkerte eine hohe Zahl von Großsäugetierarten Nordamerika - zeitgleich mit der Einwanderung und Ausbreitung von Menschen verschwanden die meisten dieser Spezies, ganz wie auf anderen Kontinenten auch. Indizien für gezielte Bejagung der Großtiere durch den Menschen gibt es; ob dies der alleinige Grund für ihr Aussterben war, ist Gegenstand anhaltender wissenschaftlicher Debatten.

Suche nach Verwandten

Einige dieser Spezies haben in der heutigen Tierwelt keine Entsprechung mehr: etwa Riesengürteltiere oder Riesenfaultiere. Andere hingegen haben auf anderen Kontinenten mehr oder weniger nahe Verwandte hinterlassen. So lebten in Nordamerika mehrere Arten von Mammuts und Mastodons aus der Ordnung der Rüsseltiere, als deren einzige rezente Spezies bis heute die drei Elefanten-Arten überlebt haben.

Die heute in Nordamerika lebenden Wildpferde sind Nachkommen von aus Europa mitgebrachten Hauspferden - der eigentliche Ursprung der Pferde liegt aber auf dem nordamerikanischen Kontinent, wo sie bis vor 13.000 Jahren ebenso vorkamen wie Wildesel und mehrere Arten von Kamelen, deren letzte Verwandte heute noch in Asien, Afrika und Südamerika anzutreffen sind.

All diese Spezies verschwanden nach der letzten Eiszeit ebenso wie die großen Raubtiere, die von ihnen als Nahrungsquelle abhängig waren: Manche davon sind unwiederbringlich verloren: Der riesige Kurznasenbär etwa oder die Säbelzahnkatzen. Auch Löwen und Geparden gehörten jedoch fest zur nordamerikanischen Fauna - und sie haben heute noch nahe Verwandte in der Alten Welt. Zurück zum Anfang?

Und hier kommt Donlans Plan ins Spiel: In einem 50-Jahre-Plan könnten die jeweils nächsten Verwandten ausgestorbener Spezies aus Afrika und Asien in speziellen Reservaten innerhalb der USA ausgesiedelt werden. Die dünn besiedelten Großen Ebenen würden sich für einen solchen "Pleistozän-Park" anbieten. Den Anfang sollten etwa Wildesel und -pferde oder Kamele machen, später würden sie von problematischeren Spezies wie Elefanten und schließlich auch Raubkatzen gefolgt.

Damit wäre nicht nur der Arterhaltung der in ihren natürlichen afrikanischen und asiatischen Habitaten bedrohten Spezies gedient, es würde auch die verarmte Fauna Nordamerikas wiederbelebt. Ein Beispiel für Lücken, die diese Verarmung hinterlassen hat, ist der Nordamerikanische Gabelbock: Dieser trotz seines Aussehens nicht mit den Antilopen verwandte und nur in Nordamerika vorkommende Paarhufer kann auf erstaunliche Geschwindigkeiten beschleunigen: Indiz dafür, dass er einst Beutetier des nordamerikanischen Geparden war - heute ist seine Schnelligkeit sinnlos geworden.

Neu ist nicht gleich alt

Die Idee der gezielten Neu-Bevölkerung eines Kontinents ist nicht neu: Im 19. Jahrhundert machten sich in Europa "Akklimatisationsgesellschaften" daran, die nach der Eiszeit ebenso verarmte hiesige Fauna durch Aussiedlungen fremder Spezies zu "bereichern". Keinem dieser Projekte - ob Pinguine in Skandinavien, Kängurus in Deutschland oder Zebras und Antilopen in Westeuropa - war jedoch ein dauerhafter Erfolg beschieden. Heute ist man Neozoen gegenüber generell sehr skeptisch eingestellt: zu groß sind die Schäden, die absichtlich oder unabsichtlich eingeschleppte Tiere anrichten können.

Auch die Vision vom "Pleistozän-Park" stößt daher bei vielen auf Ablehnung: Der Biologe Chris Haney von "Defenders of Wildlife" weist darauf hin, dass sich ausgestorbene Arten nicht einfach durch moderne Verwandte ersetzen lassen: das daraus entstehende Ökosystem ist nicht dasselbe wie das vergangene. Überdies könnte ein solches Projekt Ressourcen abziehen von den Versuchen, den noch vorhandenen Überresten der indigenen Großfauna - Wölfen, Grizzlies oder Elchen - das Überleben zu sichern. Douglas Inkley von der National Wildlife Federation in Reston, Virginia, bringt es laut "New Scientist" auf den Punkt: "Ich muss mich mit Wölfen beschäftigen, nicht mit Mastodons."
(red)