Alpbach - Architektur, das ist die öffentlichste aller Künste. Doch auch die muss emsig erlernt werden. Schon sind wir mitten in der Materie, in der nicht mehr funktionierenden Ausbildung der Architekten.

Das jedenfalls ist die aufdringliche Erkenntnis nach der ersten Runde der Alpbacher Architekturgespräche am Freitag. Gleich zu Beginn stellte Architekt Christoph Achhammer fest, das Bekenntnis zur Bildung sei ein reines Lippenbekenntnis, es sei ein Dilemma: "Doch die Ausbildung ist nun einmal das einzige Kapital, in das es sich in Europa wirklich zu investieren lohnt." Und die lässt in Österreich zu wünschen übrig.

Herbert Logar, Geschäftsführer der BIG, träumt vom Homo Universalis, doch dieser Wunsch wird ihm nicht vergönnt: "Die aktuelle Ausbildung reicht nicht mehr aus, in jüngster Zeit wurden viele Lehrpläne zusätzlich noch gestrafft und gekürzt." Auf der TU Wien werden die Studenten zwar verpflichtend in Gender Studies unterwiesen, doch DG ist nach neuestem Studienplan kein Pflichtfach mehr, Mathematik ist sogar schon vor Jahrzehnten abgeschafft worden. Logar: "Studenten lernen zwar, wie Dächer und sogar ganze Häuser fliegen, doch sie lernen nicht mehr, wie man ein Fundament in der Erde versenkt." Es fehle zunehmend der Spagat zwischen dem theoretisch Denkbaren und dem technisch Machbaren.

Das ist übrigens eine Feststellung, die vor allem auf den deutschsprachigen Raum zutrifft. Während Sascha Spoun von der Universität St. Gallen fordert, die Studierenden nicht nur als Kunden einer Universität, sondern als deren Bürger und Bürgerinnen zu betrachten, plädiert Wolfgang Böttcher (Universität Münster) für eine zweite Chance für Risikogruppen. Förderung statt Selektion: "Kein Schüler darf durch den Rost fallen."

Ganz anders die Situation in Großbritannien: "Es kann nicht jeder die besten Professoren auf der besten Fakultät haben", so Alison Wolf vom Kings College London. Unter den vielen Anwärtern auszusortieren sei für die Gesellschaft die einzige Möglichkeit, ein hohes Ausbildungsniveau zu sichern. Da fallen die Schwachen durch den Rost - andere Länder, andere Sitten.

Und schließlich die Gretchenfrage: Gibt es ein europäisches Ausbildungssystem? "Bereits von einem einheitlich funktionierenden europäischen Modell zu sprechen", so Heidi Schrodt, Direktorin an einer Wiener AHS, "das wäre vermessen." (woj, DER STANDARD, Printausgabe vom 20./21.8.2005)