Das Drängen Frankreichs auf die Anerkennung Zyperns und Angela Merkel als neue Hindernisse für die Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei

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Brüssel/Berlin/Paris - In der Europäischen Union wachsen die Hindernisse für die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, die am 3. Oktober beginnen sollen. Die deutsche Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel hat in einem am Freitag bekannt gewordenen Brief an die konservativen EU-Regierungschefs einen Vorstoß gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei unternommen. Merkels Schreiben zielt offenkundig auf das informelle Treffen der EU-Außenminister in der kommenden Woche in Großbritannien. Die CDU/CSU tritt dafür ein, statt einer Vollmitgliedschaft der Türkei eine "privilegierte Partnerschaft" vorzusehen.

Frankreich drängt bei Zypernfrage

Frankreich will die Anerkennung Zyperns durch die Türkei zum Diskussionsthema mit den EU-Partnern machen. Die bisherige Weigerung Ankaras, Zypern anzuerkennen, entspreche "nicht der Einstellung, die man von einem Beitrittskandidaten der Europäischen Union erwartet", sagte Staatspräsident Jacques Chirac am Freitag nach einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Durao Barroso in Paris.

Villepin: Ohne Anerkennung keine Verhandlungen

Premierminister Dominique de Villepin hatte zuletzt deutlich gemacht, dass die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ohne Anerkennung Zyperns durch Ankara "nicht vorstellbar" seien. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten Ende 2004 zwar nicht explizit eine völkerrechtlich verbindliche Anerkennung Zyperns durch Ankara verlangt. In der EU war man aber davon ausgegangen, dass die Ausdehnung der Zollunion als indirekte Anerkennung Zyperns zu werten sei. Die Türkei hat zwar ein Protokoll über die Erweiterung der Zollunion um die im Mai 2004 beigetretenen zehn neuen EU-Mitglieder unterzeichnet, in einer separaten Erklärung hat sie jedoch festgehalten, dass sie mit der Unterzeichnung nicht die Republik Zypern anerkannt habe.

Ziel des Verhandlungsmandats sei der Beitritt der Türkei, bekräftigte Krisztina Nagy, die Sprecherin von Erweiterungskommissar Olli Rehn, am Freitag in Brüssel. Das Ergebnis der Verhandlungen könne aber nicht vorweggenommen werden. Der Ausgang der Gespräche sei offen.

Fischler: Keine Chance auf Vollmitgliedschaft

Der frühere EU-Kommissar Franz Fischler brachte in einem "Format"-Interview seine Überzeugung zum Ausdruck, dass die Türkei keine Chance auf Vollmitgliedschaft in der Union habe. "Die Türkei wird nie beitreten. Denn selbst wenn die Verhandlungen abgeschlossen werden sollten, werden einige Referenden schief gehen", sagte Fischler. Er halte es für "zynisch, jetzt auf ein Ziel hin zu verhandeln, von dem man weiß, dass man es nicht erreicht".

Busek: Erweiterung logisch

Ex-Vizekanzler Erhard Busek sagte am Freitag am Rande des Europäischen Forums Alpbach im Gespräch mit der APA, "rein wirtschaftlich gesehen ist die Erweiterung in Richtung der Türkei logisch." Aber: "Die größeren Schwierigkeiten sind die geistig-kulturellen Veränderungen, weil mir etwa türkische Freunde durchaus sagen, dass die Türkei nach außen immer europäischer, nach innen immer islamischer wird." Er selbst könne diese Frage nicht beantworten. (APA/dpa/Reuters)