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Foto: Archiv
Mit frischem Tunfisch hatten wir ohnehin nicht gerechnet, als wir die Tuna Pansiyon als Bleibe für drei Tage auswählten. Es ging dabei mehr um den Wunsch, sich kurzfristig recht authentisch in einer Höhle verkriechen zu dürfen, wie es tausende andere auch jedes Jahr tun und noch viel mehr getan hatten, bevor hier Chicken Pie serviert wurde.

Beim Wohnen in einer Tuffhöhle, die recht komfortabel mit fein gewebten Stoffen ausstaffiert ist, kann man sich hier in Göreme mitten in Kappadokien die Klimaanlage getrost sparen. Darauf - allerdings nicht hauptsächlich - baute auch eine christliche Enklavengemeinschaft, die sich in Zentralanatolien ab dem vierten Jahrhundert wohnlich einrichtete.

Einem sehr ausgeklügelten Versteckspiel gleichen die unterirdischen Städte rund um Nevsehir, etwa jene in Kaymakli. In bis zu acht Stockwerken geht es unter die Erdoberfläche in einem Labyrinth aus Schlafkammern, Ställen, Nahrungsspeichern und Belüftungsschächten, das errichtet wurde, um auch für mehrere Monate über eine Parallelwelt mit jeglicher Infrastruktur verfügen zu können, wenn Gefahr drohte.

Sandburgen

Zurück in Göreme, das in der Hochsaison seit den 80er-Jahren zwar von Bustouren praktisch nie vergessen wird, darf man sich diese nachdrücklichen byzantinischen Siedlungsversuche recht kompakt in einem Freilichtmuseum noch einmal zu Gemüte führen. Auch die Kirchen wurden hier in Tuff gehauen, das Mikroklima meinte es gut mit den Fresken aus dem 11. und 12. Jahrhundert, sie blieben bis heute erhalten.

Ist man bereit, ein paar Schritte mehr als die Reisegruppen zu tun, die sich nicht über die künstliche Infrastruktur in der 2000-Seelengemeinde hinauswagen, wird man schnell sehen und verstehen, warum George Lucas seine "Sand People" hier für "Star Wars" einquartierte.

In Wirklichkeit hatten wir genau das gemacht, was viele andere auch für die beste Option halten: Rein in die Chartermaschine und ab nach Antalya. Nicht nur die günstigen Flüge an die türkische Riviera, sondern auch jene nach Istanbul machen es dem Individualreisenden sehr einfach, etwa eine Tour vom Mittelmeer ans Schwarze Meer (oder eben umgekehrt) zu planen. Unterstützt wird man von einem Bussystem, das effektiv und günstig ist, für den Nahverkehr steht überall der "Dolmus" - also Kleinbus - für die "letzte Meile" bereit.

Die letzten Kilometer von Bartin hinunter nach Amasra an der Schwarzmeer-Küste führen über eine fantastische Bergstraße. Wenn man am Otogar - dem Busbahnhof - aussteigt, muss man eigentlich nur mehr eine einzige Entscheidung treffen, bevor man das absolute Nichtangebot an touristischen Attraktionen nützen kann: Die Kleinstadt mit 7000 Einwohnern, auf einer Landzunge gelegen, hat immerhin zwei Häfen, wenn man den Tee also im Garten links im kleinen Hafen einnimmt, kommt man bei zweimaligen Umfallen direkt auf dem Kiesstrand zum Liegen; am rechten, großen Hafen fällt man etwas weicher auf den einzigen Sandstrand. Dieses Spiel kann beliebig oft wiederholt werden, das Angebot der durchwegs feinen Restaurants ist für geschätztes zehnmaliges "Umfallen" in beide Richtungen konzipiert.

Der zweifache Besuch des Cesm-i Cihan Restaurants ist dabei allerdings nicht eingerechnet, die äußerst fantasievoll zubereitete (See-)Zunge, die auf eben jener zergeht wie Butter, rechtfertigt diese Entscheidung allerdings. Limitiert sind die Verweildauer und der Türkischkurs mit den Einheimischen im Teegarten nur durch das Saisonende im Oktober, dann sperrt alles zu und die Einheimischen behalten die Niederschläge für sich.

Relativ weiß

Auf dem Rückweg durchs Landesinnere und entlang der Mittelmeerküste nach Antalya darf man bei rund zehn Grad höherer Durchschnittstemperatur wieder trödeln. Und sich überlegen, was die beste Option für den Traumstrand ist, ohne den auch eine Tour auf weniger getretenen Pfaden nie ganz perfekt sein wird.

Apropos mit Füßen getreten: Das Ausflugsziel Pamukkale, eine eigentlich eindrucksvolle Formation aus Travertin-Sinterterrassen mit Thermalwasser, darf nur noch barfuß betreten werden, damit der blütenweiße Stein nicht noch mehr Schaden leidet; und dennoch ist es schwierig, von den Terrassen heute noch eine postkartenähnliche Ansicht zu erhaschen, denn das System ist derart aus dem Gleichgewicht, dass pro Tag nur mehr drei bis vier Stunden Wasser eingelassen wird, um den ursprünglichen Zustand zu simulieren. Die einzige Option ist die organisierte Tour, um den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, andernfalls bekommt man nur ein relativ trockenes Grau zu sehen.

Gefragt allerdings war ohnehin der einsame Strand - Zauberwort wie Zauberort ist hier Patara. Der kleine Ort in der Nähe von Kas ist dankenswerter Weise schwer zu erreichen und die letzten drei Kilometer zum Strand müssen zu Fuß zurückgelegt werden. Kilometerlange Traumstrände zu beschreiben ist letztlich öde, jeder kann das bis zum Sonnenuntergang ausprobieren, dann ist allerdings "Sperrstunde", denn dieser Küstenabschnitt ist auch geschütztes Brutgebiet der Meeresschildkröten.

Der Ort selbst ist eine Mischung aus einer türkischen Version des Hippietums und Palatschinkenkuchl: Die hauchdünnen Gözleme sind hier Hauptnahrungsmittel und werden an jedem Eck frisch zubereitet. Der Zeitbegriff bleibt dehnbar, maximal jedoch bis zum Charterflug ex Antalya und wenn Sie bei der Landung klatschen, macht das gar nichts, Sie haben sicher an den "Krieg der Sterne" in Amasras Restaurants gedacht. (Der Standard, Printausgabe 27./28.8.2005)