Foto: Manz Verlag
Wien - Kaum ein anderer Rechtsstreit hat im Kulturbereich in den vergangenen Jahren für so großes Aufsehen gesorgt. Seit 1999 kämpft die mittlerweile 89-jährige Maria Altmann gegen die Republik Österreich vor Gericht um die Rückgabe von sechs wertvollen Klimt-Bildern. In ihrem auf einem für Altmann erstellten Gutachten basierenden Buch "Der Fall Klimt" (Manz) zeichnen die beiden Zivilrechtsprofessoren Rudolf Welser und Christian Rabl die Geschichte des Falls nach und analysieren ihn aus juristischer Sicht - und das über weite Strecken auch für Laien verständlich.

In dem Rechtsstreit geht es um die Eigentumsverhältnisse an zwei Porträts von Adele Bloch-Bauer und vier Landschaften, die von Gustav Klimt geschaffen wurden: "Adele Bloch-Bauer I", " Adele Bloch-Bauer II", "Apfelbaum I", "Buchenwald (Birkenwald)" und "Häuser in Unterach am Attersee" sowie "Amalie Zuckerkandl". Diese befanden sich im Besitz von Altmanns Onkel, dem jüdischen Industriellen Ferdinand Bloch-Bauer, und gelangten während der NS-Zeit in die Österreichische Galerie Belvedere.

Auslöser: Adeles Testament

Entzündet hat sich der Streit am Testament der 1925 verstorbenen Adele. In diesem "bittet" sie ihren Mann Ferdinand, die sechs Bilder "nach seinem Tode der österr. Staats-Gallerie in Wien...zu hinterlassen". Dann wird der Fall kompliziert: 1936 übergab Ferdinand der Österreichischen Galerie das Klimt-Bild "Schloß Kammer am Attersee III", 1938 wurde er enteignet und musste in die Schweiz flüchten.

1941 übergab sein von den Nazis eingesetzter Vermögensverwalter Dr. Führer "Adele Bloch-Bauer I" und "Apfelbaum I" der Österreichischen Galerie, obwohl Ferdinand noch lebte. Dafür erhielt er "Schloß Kammer am Attersee III" zurück. "Buchenwald (Birkenwald)" verkaufte Führer 1942 an die Städtische Sammlung in Wien, "Adele Bloch-Bauer II" 1943 an die Galerie. "Häuser in Unterach am Attersee" dürfte Führer behalten haben, später gelangte es in die Österreichische Galerie. Ferdinand Bloch-Bauer starb 1945, als Erben hatte er zuvor seinen Neffen und seine zwei Nichten (darunter Altmann) eingesetzt. In seinem Testament findet sich kein Hinweis auf die Bilder.

Unverbindliches Ersuchen Adeles

In ihrem Gutachten kamen Welser und Rabl 2002 zum Schluss, dass das Testament Adeles keine verpflichtende Anordnung für ihren Mann enthielt: "Das Wort 'Bitte' bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein unverbindliches Ersuchen." Der Erblasserin sei dies auch klar gewesen. Und Führers Handlungen in der NS-Zeit seien durch Ferdinand Bloch-Bauer nicht autorisiert worden.

Hauptstreitpunkt zwischen Republik und Altmann ist aber, ob das Restitutionsgesetz anwendbar ist. Dieses ermächtigt die zuständigen Regierungsmitglieder, Kunstgegenstände aus den Bundesmuseen und Sammlungen unentgeltlich an den ursprünglichen Eigentümer oder dessen Erben zu übereignen, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Für den Fall relevant ist dabei die Bedingung, dass diese "Gegenstand von Rückstellungen" waren und nach Kriegsende im Zuge eines darauf folgenden Verfahrens nach den Bestimmungen des Ausfuhrverbotsgesetzes unentgeltlich in das Eigentum des Bundes übergegangen sind.

Einigung einer Rückstellung gleichzuhalten

Welser und Rabl argumentieren, dass die Bilder "Adele Bloch-Bauer I", "Adele Bloch-Bauer II" und Apfelbaum "I" zwar nicht physisch zurückgestellt wurden, die Einigung der Erben Bloch-Bauers mit der Galerie, dass sie dort bleiben konnten (im Gegenzug für eine Ausfuhrgenehmigung für andere Bilder, Anm.), einer Rückstellung allerdings gleichzuhalten sei. Zumindest diese drei Bilder müssten daher zurückgegeben werden. Ob dasselbe für "Häuser in Unterach" und "Buchenwald (Birkenwald)" gilt, hänge davon ab, ob es relevant sei, dass die beiden Bilder sich 1945 noch nicht im Besitz der Republik befunden haben, sondern bei Führer bzw. der Gemeinde Wien. Nach der bisherigen Praxis bei der Handhabung des Restitutionsgesetzes durch den zuständigen Beirat wäre "die Anwendbarkeit anscheinend zu bejahen".

Mittlerweile haben sich die Streitparteien darauf geeinigt, die Entscheidung einem dreiköpfigen Schiedsgericht in Österreich zu überlassen. Bis 1. November soll das Schiedsgericht entscheiden. (APA)