London - Einsamkeit fördert den Altersschwachsinn. Das Risiko ist bei älteren Menschen, die alleine leben, keine Freunde und kein gutes Verhältnis zu ihren eigenen Kindern haben, um 60 Prozent höher als bei Senioren mit einem befriedigenden sozialen Umfeld. Das ergab eine im britischen Fachblatt The Lancet veröffentlichte Studie des Karolinska Instituts in Stockholm. Experten werteten die Untersuchung als Bestätigung der Vermutung, dass sich soziale Aktivität und enge Beziehungen zu anderen Menschen positiv auf die allgemeine Gesundheit und Lebenserwartung auswirken. Allerdings seien noch weitere Studien erforderlich. Die drei wichtigen Faktoren Die Forscher hatten 1.200 Menschen im Alter von mehr als 74 Jahren nach ihren sozialen Kontakten und dem Verhältnis zu ihren Kindern gefragt und anschließend drei Jahre lang beobachtet, ob sich Demenzen entwickelten. Tatsächlich erkrankten 176 der Testpersonen daran. Besonders betroffen waren jene Senioren, auf die mindestens zwei der drei negativen Faktoren (alleine wohnen; keine Freunde; schlechtes Verhältnis zu den Kindern) zutrafen: Bei ihnen ist der Studie zufolge die Gefahr, eine solche Hirnstörung zu entwickeln, um 60 Prozent erhöht. Bei einer gesonderten Betrachtung jedes einzelnen Faktors zeigte sich, dass jene alten Menschen, die alleine wohnten, ein um 50 Prozent höheres Demenzrisiko trugen als jene, die keine Freunde hatten. Ein schlechtes Verhältnis zu den Kindern verdoppelte das Risiko. Eine Bindung ist nicht genug Dies wertete die Medizinerin Lisa Berkman von der Harvard-Universität in Boston als besonders dramatisches Ergebnis: Alarmierend sei, dass das Demenzrisiko bei Menschen mit einer gestörten Beziehung zu den eigenen Kindern höher sei als bei Senioren, die überhaupt keine eigenen Kinder hätten. Berkman vermutet, dass das durch soziale Kontakte entstehende Gefühl, dazu zu gehören und für andere Menschen wertvoll zu sein, ein wichtiger Puffer gegen den Ausbruch einer Demenz sein kann. Entscheidend sei die Vielfalt der sozialen Kontakte. Es reiche sicher nicht aus, nur eine enge Bindung zu haben, betonte die Wissenschafterin. Weitere Studien folgen Richard Suzman vom amerikanischen Nationalen Institut für Altersforschung sprach von einer "sehr guten ersten Studie", der aber noch weitere folgen müssten. Bisher sei noch völlig unklar, warum soziale Bindungen vor einer Demenz schützen könnten. Möglicherweise erhalte soziale Aktivität die kognitiven Funktionen des Gehirns aufrecht. "Es könnte sein, dass soziale Netze diese Hirnfunktionen vor Stress schützen", sagte Suzman. Denn viel Stress könne ebenfalls das Demenzrisiko erhöhen. (APA/AP)