Wien - Im Oktober fand im Frauengesundheitszentrum F.E.M. der erste von vier Informationsabenden zum Thema "Essstörungen" statt. Zielgruppe sind vor allem Betroffene, Angehörige oder auch am Thema Interessierte. An den Info-Abenden stellen Betroffene selbst, gemeinsam mit erfahrenen Therapeutinnen und klinischen Psychologinnen, die vielfach belastende psychische Situation von Mädchen und jungen Frauen mit Essstörungen dar, klären offene Fragen und bieten Möglichkeit zur Diskussion. Der Kostenbeitrag beläuft sich auf 5 Euro.

Ein weiterer Informationsabende ist für 11. November geplant. Unter der Telefonnummer 01/ 476 15 - 5771 oder F.E.M. kann frau zusätzliche Informationen über fortlaufende Selbsterfahrungsgruppen und Therapien einholen.

Gesundheitszentrum für FRAUEN. ELTERN. MÄDCHEN.

F.E.M. ist Anlaufstelle für Frauen, Eltern und Mädchen und wird vom KAV - Wiener Krankenanstaltenverbund und vom Bundesministerium für Gesundheit subventioniert. Psychotherapeutinnen bieten professionelle Unterstützung und Beratung bei einer Vielzahl von Fragen und Problemen, wie Ernährung und Essverhalten, Sexualität, Verhütung und Kinderwunsch, Schwierigkeiten bei der Erziehung oder der Elternrolle. Auch sich in der Midlife-Crisis befindende 40-50jährige Frauen sind neuerdings von Essstörungen betroffen, da das vermeintliche Zurückholen der Jugend durch "Nichtessen" und "Schlankwerden" oft zu Magersucht und Bulimie führt.

"Die Schule schlägt Alarm"

Im Jahr 2004 nahmen 1170 Mädchen, Frauen sowie deren Angehörige eine Beratung in Anspruch, davon 20 Prozent wegen Essstörungen. Nach kostenlosen Erstgesprächen konnten 690 Klientinnen in eine Beratungstherapie aufgenommen werden. Im vergangenen Jahr wurden 385 Workshops in Schulen veranstaltet. Unter der Devise "Wie spreche ich Kinder mit offensichtlichen Essstörungen an und wann" wurde gemeinsam mit den LehrerInnen ein Leitfaden zur kooperativen Prävention entwickelt. Mittlerweile ergreifen LehrerInnen bereits von sich aus die Initiative und wenden sich an F.E.M. "Je früher man Hilfe sucht, desto eher kann man mit Heilungschancen rechnen", appelliert Susanne Schmölzer, stellvertretende Leiterin des Gesundheitszentrums.

Psychisch bedingte Störung der Nahrungsaufnahme

Vom Problem der Essstörung sind zu 95 Prozent Frauen betroffen, da sie vom schlanken Schönheitsideal in der Werbung und der Mode beeinflusst werden. Männer hingegen suchen eher das Fitness-Center auf, um auf diesem Weg ihr Schönheitsideal zu erreichen. "Jedes zweite 14-jährige Mädchen ist bereits vom "Diätwahn" erfasst. Auslöser für krankhafte Essstörungen sind oft Stressfaktoren, wie im Falle eines Umzuges der Verlust von Freunden, Kummer oder ein Sterbefall, aber auch die in der Pubertät oft stattfindende Ablehnung der eigenen Weiblichkeit", erklärt Schmölzer.

Die Sucht der "Braven und Angepassten"

"Wir beobachten einen hohen familiären Risikofaktor, da viele Jugendliche hauptsächlich über Leistung definiert werden. Der Weg in die Magersucht oder Bulimie ist oft der letzte Ausweg der Abgrenzung und Selbstbestimmung, die häufig auf jene Mädchen zutrifft, die als die "Braven und Angepassten" gelten. Magersüchtige haben den Bezug zum Körper verloren, leiden unter Realitätsstörungen und psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Zwangsstörungen, erleben sich selbst als "Dich" und trinken literweise Wasser, um den Hunger zu vertreiben. Sucht, die in der Beschaffung keine Kriminalität erzeugt und daher oftmals lange Zeit unentdeckt bleibt", beschreibt die engagierte Supervisorin die tragische Krankheit mit der höchsten Todesrate unter psychischen Erkrankungen. Jede siebte bis zehnte Familie in Österreich ist davon betroffen. Eltern werden im F.E.M. Gesundheitszentrum getrennt betreut, mit der Zielsetzung, ihr Kind als gesamten Menschen zu sehen und zu respektieren. Die Reduzierung auf das Problem Essstörung soll zu Hause vermieden werden, gezielte Therapien sollen Leben retten. (red)