Der Barcode gehört sicher zu den ungewöhnlichsten Logos der letzten Jahre - und wie jedes Bild in der Politik hat er auch eine Botschaft.
"Es wird die Stärke der nationalen Identitäten symbolisiert", meint der Historiker Oliver Rathkolb, "etwas, das der politischen Zielsetzung der gegenwärtigen Bundesregierung durchaus entspricht." Seine Assoziation: Die Farbpalette erinnert letztlich an de Gaulles "Europa der Vaterländer" aus den 1960er-Jahren. Retroinhalt in modernem Design also? "Die Identität einzelner Länder soll nicht verloren gehen", umreißt Kanzlersprecherin Verena Novotny den politischen Hintergedanken, "aber auch das Ganze zählt."
Zum Vergleich hat sich Rathkolb, der gerade an einer Studie zu "European Icons" arbeitet, auch die Logos der letzten EU-Präsidentschaften angeschaut. Das Ergebnis ist verblüffend: Viele reflektieren das Europa-Be- oder Unbewusstsein, oder, wie es Rathkolb nennt, "den jeweiligen nationalen Status europäischer Bindestrich-Identität".
So ließ Großbritanniens Premier Tony Blair im Jahr 1998 Schüler aus verschiedenen EU-Ländern 15 Sterne mit typischen Motiven malen - es war übrigens nicht das erste Mal, das Politiker die heikle Entscheidung, wie man sich und Europa ikonografisch darstellt, "unschuldigen Kindern" überließ.
Der Pizza-Eklat
Die Kids malten Noten für Österreich, Wälder für Deutschland und eine Pizza für Italien. Es gibt keine europäische Identität, sondern nur 15 nationale Identitäten, war die Botschaft. Italiens Premier Romano Prodi fühlte sich dennoch "tief beleidigt", schließlich wird Pizza nicht nur mit Dolce Vita, sondern auch mit der Mafia ("Pizza Connection") assoziiert. Die aktuelle britische EU-Präsidentschaft ziert deshalb weniger Verfängliches: Zwölf fliegende Schwäne ersetzen erstmals die sonst üblichen Sterne - und symbolisieren die britische Führungsvorstellung. Logisch, dass sich Blair als Leitvogel ganz vorne im EU-Schwarm sieht.