Infografik: Lohnrunden Metaller und Industrie

Grafik: Der Standard
Wien - So kurz war eine Metallerrunde lange nicht mehr. Schon in der ersten "echten" Verhandlungssitzung am Freitag gab es den Durchbruch. In der Woche davor waren nur Forderungen übergeben und Wirtschaftsdaten abgeglichen worden.

Dass die Kollektivvertrags- und Istlöhne der rund 180.000 Metallarbeiter und Industrieangestellten am 1. November um 3,1 Prozent erhöht werden, kam nicht ganz überraschend. Wirtschaftsforscher hatten erwartet, dass es heuer nicht so moderat abgehen dürfte wie in früheren Jahren.

"Gewinne sind hoch"

"Das ist sicher kein niedriger Abschluss", sagt denn auch Alois Guger, Experte für Lohn-und Einkommenspolitik am Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo, "aber die Unternehmensgewinne sind hoch, die Gewinnquote steigt seit Jahren, daher halte ich ihn für volkswirtschaftlich gerechtfertigt." Denn die Erhaltung und Stärkung der Kaufkraft sei wichtig, damit könnten Nachfrage und privater Konsum durchaus stimuliert werden.

Sorgen macht, dass die Gewinne überwiegend aus gesteigerten Exporten resultieren. Denn auf Dauer könne eine Volkswirtschaft nicht von den anderen leben und sich ausschließlich auf den Export verlassen, warnt Guger. "Denn dann beißt sich die Katze irgendwann in den eigenen Schwanz." Eigentlich sollte sich die Lohnpolitik primär am Produktivitätsfortschritt orientieren, das allerdings einheitlich in ganz Europa.

Mit ihrer Kritik, der Metallerabschluss sei "sehr hoch" und damit insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe eine Belastung, weil er Standortverlagerungen in den Osten forciere, blieb die Industriellenvereinigung (IV) am Wochenende allein.

Selbst Böhler-Chef Claus Raidl, der die vergangenen Abschlüsse stets gegeißelt hatte, bezeichnet die 3,1 Prozent als "verkraftbar". "Das ist ein maßvoller, fairer Abschluss", sagte Raidl zum STANDARD. Denn man müsse die Verteilungsfrage entschärfen, es dürften in guten Jahren nicht nur Aktionäre und Vorstände profitieren.

Neue Lösungen gesucht

"Allerdings brauchen wir mittelfristig mehr betriebsinterne Verteilungselemente", mahnt Raidl. Hohe Abschlüsse ohne Gewinnbeteiligungssysteme halte die Industrie auf Dauer nicht aus.

Zufrieden mit dem Abschluss, der laut Arbeitgeber-Chefverhandler Hermann Haslauer "beiden Seiten weht tut", zeigte sich auch ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch. "Das war eine ordentliche Lohnrunde", sagte Verzetnitsch in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag.

Dass dadurch Rationalisierung und Abwanderung begünstigt würden, bestreitet er, denn "die schreiten fort, egal, wie hoch die Lohnrunde ist". "Geringe Abschlüsse bringen bestenfalls eine Verschnaufpause", meint Wifo-Experte Guger, "dafür aber eine Schwächung der Kaufkraft." (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.09.2005)