Die Skulpturengruppe um 1510/30 bei Botticelli (Florenz): "Barmherzigkeit mit und für unruhige Kinder".

Foto: Botticelli
Erlesenes aus dem Kunst- und Antiquitätensektor wird in Szene gesetzt, 90 Aussteller genießen das "Bühnenbild" von Pier Luigi Pizzi.


Florenz - Die Heimatstadt da Vincis, Machiavellis, Michelangelos, Raffaels oder der Medici gilt weltweit als Synonym für Renaissance und Humanismus. Von diesem Bonus lebt die toskanische Metropole am Arno. Was Mailand die Mode, Rom der Vatikan, ist Florenz die Kunst in den wunderbarsten Ausprägungen mehrerer Jahrhunderte. Das spiegelt sich in der Bevölkerung ebenso wider wie in den Besuchern der Stadt. 1959 fand die erste Biennale statt - auf Initiative von Luigi Bellini, der die Crème de la crème des internationalen Kunst- und Antiquitätenhandels hier versammelt wissen wollte.

1973 feierte man mit 122.000 zahlenden Gästen einen ersten Besucherrekord - Zahlen, von denen man hier zu Lande freilich noch heute träumen kann. Das Flair einer der wesentlichen Geburtsstätten europäischer Kunst weiß eben erfolgreicher zu locken als jeder Marketingschachzug. Seit 30. September hält nun die 24. Biennale samt 90 Ausstellern Hof, standesgemäß im Mitte des 17. im Stil des 16. Jahrhunderts erbauten Palazzo Corsini, der sonst eine der renommiertesten Privatsammlung von Florenz beherbergt. Bereits nach zwei Öffnungstagen galten einige bedeutende Objekte als verkauft. Darunter die Bronzegruppe Das Opfer Isaacs von 1722 bei Carlo Orsi (Mailand) oder eine marmorne Flora-Statue des 19. Jahrhunderts von Pio Fedi bei Paolo Antonacci (Rom), die für geschätzte 40.000 Euro den Besitzer wechselte; für Bernardo Bellottos Blick auf den Platz vor San Giovanni in Latrano (Moretti / Florenz) und Abel Grimmers gemalten Aufgang zum Kalvarienberg von 1599 (De Jonckheere / Paris) stehen die finalen Verhandlungen kurz vor dem Abschluss. Im Vergleich zu Kunst- und Antiquitätenmessen Mitteleuropas ist das Charakteristikum hier schnell gefunden.

Abgesehen vom Ambiente, vom Regisseur und Bühnenbildner geschickt in Szene gesetzt, ist es klar die Wertschätzung für angewandte Kunst in all ihren Facetten: Bei Il Cartiglio (Florenz) tummeln sich auf dem aus dem 15. Jahrhundert stammenden Marmor-Wappen der Familie Pazzi zwei Delphine (13.000 Euro) neben einem venezianischen Löwen (14.000 Euro), Botticelli (Florenz) bietet neben meisterhaften Skulpturen prachtvolle Tapisserien florentinischer Seide mit bemalten Applikationen aus der Zeit um 1580/90 bis 1620 (18.000 Euro).

Alessandro Cesati (Mailand) setzt ein Schmiedeeisernes 1,50 m hohes Leuchterpaar aus dem frühen 18. Jahrhundert in Szene (40.000 Euro), während Kollege Claudio Morgigno (Mailand) auf Blumen- und Architekturmodelle des 17. bis 19. Jahrhunderts setzt. Sechs- bis siebenstellig dürfte der Betrag für zwei Intarsienarbeiten aus dem frühen 16. Jahrhundert ausfallen.

Sechs Paneele waren es, die bis zu einem Umbau 1955 den Altar in der Basilica di San Marco in Venedig zierten, dann wurden sie versteigert und verschwanden in Privatsammlungen, aus denen Francesca Antonacci (Rom) nun zwei offerieren kann. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.9.2005)