St. Pölten - Vier Frauen und zwei Männer als Experten und eine Moderatorin im Halbkreis unter heißen Fernseh-Scheinwerfern: Die 13. Veranstaltung der Niederösterreichischen Landesakademie in der Reihe "Zukunft im Kopf" war entschieden öffentlichkeitswirksam und breit angelegt. Breit und umfassend wie die im Foyer des neuen St. Pöltner ORF-Gebäudes zur Diskussion stehenden Zusammenhänge, die schon von vielen Zungen in vielen hochkarätigen Runden gewälzt wurden: Gewalt gegen Frauen als Problem des Frauengesundheitsschutzes. "Jede fünfte bis zehnte Frau erlebt Gewalt in Ehe oder Partnerschaft"; "Es beginnt mit verbalen Abwertungen, geht über körperliche Übergriffe bis hin zu sexueller Gewalt": Über solche vor rund 50 Zuhörenden vorgebrachten "basics" drohte das wirklich Neue ins Hintertreffen zu geraten. Dabei steht das von der Soziologin Elfriede Fröschl und der Frauenberaterin Anneliese Erdemgil-Brandstätter vorgestellte Zweitage-Forbildungsprogramm zur Erkennung weiblicher Gewaltopfer durch Ärzte und Schwestern in Spitälern und Ambulanzen österreichweit allein auf weiter Flur. "Von Niederösterreich aus einen weißen Fleck zu füllen, ist schön", kommentierte Brandstätter die ungewohnte Situation. Unsichere Ärzte Warum aber Fortbildung extra im medizinischen Bereich? Weil "Ärzte in Sachen Gewalterkennung nicht ausgebildet werden. Und in einer Verdachtssituation das Thema der betreffenden Frau gegenüber lieber gar nicht anschneiden", brachte Peter Husslein, Gynäkologe und Vorstand der Uni-Klinik für Frauenheilkunde im Wiener AKH, das Problem auf den Punkt. Jene rund 75 Prozent aller misshandelten Frauen, die wegen "blauer Augen", Hämatomen, Knochenbrüchen, wegen der Folgen von Vergewaltigungen bis hin zu ungewollten Schwangerschaften irgendwann einmal bei einem Arzt vorsprechen, finden beim heutigen Stand der Dinge oft keine Unterstützung. Bisher, erläutert Anneliese Brandstätter, hätten sich schon zwölf Frauen zu Ärzte-Trainerinnen ausbilden lassen. Was jetzt noch fehle, sei - das Geld. Konkret 150.000 Schilling (10.900 EURO) für flächendeckende Seminare in allen Gynäkologien, Chirurgien und Ambulanzen Niederösterreichs. Versprochen sei es - von der Landesakademie - nun suche man Zahler: zum Beispiel den Fonds "Gesundes Österreich". Irene Brickner für Der Standard