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"The Devil and Daniel Johnston" von Jeff Feuerzeig ist eine liebevoll montierte Dokumentation über das tragische Songwriter-Genie Daniel Johnston. Zu dessen größten Bewunderern zählte unter anderem Kurt Cobain von Nirvana.

Gegen Ende des Films sieht man ein Herz, das aus einer Unmenge von bespielten Daniel-Johnston-Kassetten geformt ist. Es spiegelt ein Gesamtwerk im Zeichen der Liebe wider – der Suche danach ebenso wie des Scheiterns daran. "The Devil and Daniel Johnston" von Jeff Feuerzeig zeichnet das Leben und die Karriere eines seltsamen Mannes nach.

Ein Musiker, der wie selbstverständlich in einem Atemzug mit Brian Wilson genannt wird und sich tatsächlich in der Qualität seines Werks wie auch bezüglich persönlicher Tragödien mit dem Beach Boy messen kann. Ein Mann, zu dessen Verehrern und Förderern Bands wie Sonic Youth, Simpsons-Erfinder Matt Groening oder Kurt Cobain von Nirvana gehör(t)en.

Cobain war es, der das Interesse der Welt Anfang der 90er-Jahre auf Johnston lenkte, indem er sich Monate lang nur in Daniel-Johnston-T-Shirts zeigte. Dieser Hype führte dazu, dass sich zwei Major-Labels gegenseitig überboten, um einen Musiker unter Vertrag nehmen zu können, der zu jener Zeit mit der Diagnose "manisch-depressiv" und mit schweren Medikamenten ruhig gestellt in einer psychiatrischen Anstalt saß.

In den späten 80ern, nachdem er das College verlassen hatte und nach Austin, Texas, gezogen war, erarbeitete sich Johnston neben seinem Job bei McDonald's lokale Bekanntheit als Solokünstler. Er galt als seltsamer Typ, der zu einer mäßig gekonnt gespielten Gitarre mit hoher Stimme wunderbare und wunderliche Songs sang. Und, unter Beimengung ungesunder Mengen LSD, bald immer noch seltsamer wurde, immer öfter vom Satan und dem Herrn sprach – und sang.

Johnston stammt aus einem fundamentalistisch-christlichen Elternhaus in West Virginia, wo er früh wegen seiner überbordenden Kreativität auffiel: "All he cared about was art and being John Lennon", wird er von seinem Bruder beschrieben.

Feuerzeig montiert seinen Film liebevoll: Ein Patchwork aus alten Super-8-Filmen (viele davon hat Johnston als Teenager selbst gedreht), nachgestellten Aufnahmen (etwa als eine alte Frau wegen Johnston aus dem zweiten Stock springt!) und natürlich aus dem umfangreichen Werk des Musikers.

Dazu erzählen viele Weggefährten ihre ganz persönliche Johnston-Geschichte. Kollegen wie Gibby Haynes von den Butthole Surfers, Steve Shelley von Sonic Youth oder Jad Fair. Manche Anekdoten sind lustig, viele sind tragisch. "Er überlegt nicht lange herum, er macht einfach", erklärt ein Freund Johnstons Wesen.

Dieser Wesenszug führte neben einem immensen künstlerischen Output auch zu dramatischen Aktionen. Etwa als Johnston den Absturz der kleinen Propellermaschine verschuldete, mit der ihn sein Vater nach einem Auftritt nach Hause flog. Das Wort "Dämonen" kommt im Film deshalb auch öfter als einmal vor. Doch Johnstons Kreativität ist durch nichts zu bremsen, nicht einmal durch ihn selbst. Seine Karriere geht weiter.

"True love will find you in the end", ertönt gegen Ende des Films. Das stimmt zwar nicht ganz, aber immerhin ist der Beatles-Verehrer heute psychisch so stabil, dass er von seiner Musik und seinen Zeichnungen leben kann – zu Hause, bei seinen Eltern. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.10.2005)