Institute: "Distort Yourself", Universal, Interscope Records, 2005

Albumcover: Universal /Interscope Records
Foto: Universal /Interscope Records
Wer sich von Institute, Gavin Rossdales Bush- Nachfolgeprojekt, etwas vollkommen Neues erwartet hat, wird enttäuscht sein. (Aber wer hat das?) Alle anderen, die begierig auf Fortsetzung und Weiterentwicklung des von Kritikerseite stets vernachlässigten aber millionenfach verkauften Post-Grunge-Sounds hofften, werden wohlig aufseufzen.

Härter und nackter

Garant für die konsequente Fortführung von melodischem Rock und den technologie- und zukunftskritischen Texten ist alter und neuer Frontmann Rossdale. Aber was sich bereits in Bushs letztem Album "Golden State" (2001) gegenüber "The Science of Things" (1999) abzeichnete, das zunehmende Zurückdrängen von - durchaus eckigen - Pop-Elementen und technischen Schleifen zugunsten einer härteren, nackteren Gitarre und einem treibenderen Bass, ist in "Distort Youself" noch deutlicher geworden. Insgesamt scheinen die Songs - ein kleines Manko - aber weniger Überraschungen und Wendungen bereit zu halten.

Absage ans Schreien

Das "Tougher"-Werden hatte Rossdale auch angekündigt: "Ich musste mich entscheiden, ob ich die 'einfühlsame' Solo-Platte mache, oder einen Schritt weiter gehe und die Musik härter mache." - Das Zusammenspiel mit Gitarrist Chris Traynor, der auch bei Helmet spielt(e) und Bassist Cache Tolman, ehemal bei Rival Schools, tat das Übrige, um die Gitarre präsenter und schneller zu machen. "Die Kraft der Band kommt aus der Gitarre", erklärt Rossdale. Das gewisse Hard-Rock Feeling kitzelte Helmet-Kopf Page Hamilton heraus, der das Album produzierte, insgesamt aber abgemildert vom - stets jeglichem Schreien eine Absage erteilenden - Gesang von Rossdale.

Traynor hatte Bush schon bei der letzten Tour unterstützt und Rossdale nach der Auflösung der Band zwei andere Brooklyner (neben Tolman der Schlagzeuger Charlie Walker) ans Herz gelegt. Rossdale liebt die inspirierenden Sessions mit den Kollegen, was man hören kann! Bei der Feinarbeit im Studio, so gibt der Songwriter zu, verabschiedet er sich dann aber lieber von der Idee des Kollektivs, um den Rest alleine mit dem Toningenieur abzustimmen.

Wilde Pferde ohne Vollmond

Irritierendes gibt es aber auch: Denn rein optisch kommt das Album mit den durch die Wellen preschenden Pferden am Cover, wie das Poster in einem Mädchenzimmer daher; fehlt nur der Vollmond oben rechts. Warum hier zu den weißen, die Nüstern blähenden Huftieren, die eine Unschuld wie das letzte Einhorn verbreiten, gegriffen wurde, wäre dann auch eine gute Frage an Rossdale, sollte er sich mit seinem Rock-"Institut" in Österreich blicken lassen. Nur leider: bisher zeichnet sich kein Besuch ab. Solange darf vermutet werden, dass sich das Coverbild an Songs wie "When Animals Attack" knüpft oder etwa an die Liedzeile "I love animals, so close to perfect, they' re the only ones who seem to know their heart" aus dem Album-Teaser "Bullet-Proof Skin".

Images und Soundoberflächen

Diese erste noch etwas verspieltere Single-Auskoppelung transportiert aber weniger gut, den gegenüber Bush veränderten Sound von Institute. Track 2, "Animals Attack", wäre das bessere, weil noch dynamischere, Signal gewesen. Vermutlich war ausschlaggebend, dass "Bullet-Proof Skin" zum Soundtrack des - trotz Oscar-Preisträger Jamie Foxx gefloppten - Actionfilms "Stealth" gehört. Auch so eine seltsame Kombination: In einem Mainstream-Film, der moderne Heldenschreibung fortschreibt (Flieger treffen bei der Army auf unheimliches Kriegsgerät.), kommt das Stück eines Songwriters vor, der in seinen Texten oft genug Fortschrittgläubigkeit und blinden Obrigkeitsglauben hinterfragt. Ist es wirklich so, dass man die Soundoberfläche ungeachtet der Textebene mit beliebigen Images beladen kann?

Neben dem ungeduldigen "Animals Attack" gehört das ruhige "Wasteland" zu den Album-Highlights. Weitere ausgeglichene bis sanfte Songs sind "Ambulances" und "Save the Robots". Bush-igere Anspieltipps sind "Mountains" oder etwa "Heat of Your Love". "Boom Box" und "Information Age" zielen in die "neue" Richtung und sind für Bush-Veteranen nicht auf den ersten Hörer eingängig.

Burschen- und Mädels-Rock

Im Promotion-Text des Labels findet sich übrigens ein keckes Detail. Gavin Rossdale erklärt darin, dass er nach der richtigen Mischform für Rock Musik sucht, die Burschen wie Mädels gleichermaßen anspricht. Seine Taktik: "ich liebe die Dramatik von lauten Gitarren und ich will sie mit eine Groove verbinden der sexy genug ist, etwas fast dub-mäßiges". Das ist es also, was den Appeal des Albums ausmacht. Es ist sexy...

...eine sexy Lieblingsplatte. (kafe)