Verfassungsrechtler Mayer: Den tatsächlichen Kalorienverbrauch zu messen ist kaum möglich. Also müsse man auf einen durchschnittlichen Kalorienverbrauch abstellen, was Probleme mit dem Gleichheitssatz schafft.

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Wien - Für schlichtweg "nicht praktizierbar" hält der Verfassungsrechtler Heinz Mayer die von Sozialministerin Ursula Haubner (B) geplante Schwerarbeiterregelung. "Wie soll eine Behörde denn so etwas praktizieren?", sprach er Haubners Plänen am Donnerstag im Gespräch mit der APA jegliche Möglichkeit der Umsetzung ab. Verfassungsrechtliche Probleme sieht er hinsichtlich des Gleichheitsgrundsatzes.

Höchste Gleichheitsprobleme

Die Idee, Menschen, die im Beruf mehr Lebenskraft verbrauchen als andere, einen früheren Pensionsantritt zu ermöglichen, sei prinzipiell ja "sehr gut". Aber es sei eigentlich unmöglich, diese Idee so in ein Gesetz zu gießen, "dass das nicht sofort höchste Gleichheitsprobleme aufwirft". Alle, die mehr Lebenskraft verwenden, zu erfassen, "aber wirklich nur die", hält Mayer für unmöglich. Also müsste man ein "sehr grobes Raster" anlegen. "Und das ist die Frage, was der Verfassungsgerichtshof dazu sagt", so Mayer.

Unterschiede

Probleme mit dem Gleichheitsgrundsatz schaffe z.B., wenn man Schwerarbeit generell dann als gegeben annimmt, wenn ein Kalorienverbrauch von 2.000 (Arbeits-)Kalorien bei Männern und 1.400 bei Frauen vorliegt. "Es ist ein Unterschied, ob das ein 100 kg schwerer Athlet ist, der schon zur Aufrechterhaltung seiner Lebensfunktionen viel mehr verbraucht, oder ein leichtgewichtiger junger Mann." Den tatsächlichen Kalorienverbrauch zu messen, sei kaum möglich - schon gar nicht für die Vergangenheit. Also müsse man auf einen durchschnittlichen Kalorienverbrauch abstellen - was Probleme mit dem Gleichheitssatz schafft.

Tomandl: Klar verfassungswidrig

"Klar verfassungswidrig" ist die von Sozialministerin Ursula Haubner (B) geplante Schwerarbeiterregelung nach Meinung des Pensionsexperten Theodor Tomandl. Sie würde zu einer "völligen Ungleichbehandlung" der Antragsteller führen. "Mindestens 90 Prozent" kämen nicht in den Genuss des früheren Pensionsantritts, weil sie die Schwerarbeit nicht nachweisen könnten. Denn nur wenigen gelinge der Nachweis, betonte Tomandl am Donnerstag im ORF-"Mittagsjournal".

Im Nachhinein konkret festzustellen, ob jemand Schwerarbeit geleistet hat oder nicht, gelinge nur in einer "ganz kleinen Anzahl der Fälle", habe auch der Feldversuch der Pensionsversicherungsanstalt mit rund 1.000 Fällen ergeben, erklärte Tomandl.

Sollte die Regelung so kommen, wie Haubner sie plant, rechnet Wolfgang Kadensky, Abteilungsleiter in der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, mit zahlreichen jahrelangen Verfahren beim Arbeits- und Sozialgericht. "Es wird um jeden Monat gekämpft werden", denn pro vier Monate Schwerarbeit soll man ja einen Monat früher in Pension gehen dürfen. (APA)