Genf/Brüssel - Die Erwartungen, dass die Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO) auf Ministerebene in Hongkong den erhofften Durchbruch bringen können, wurden am Mittwoch fast stündlich nach unten geschraubt. Vertreter der Europäischen Union, der USA, Australiens und der Schwellenländer erklärten am Mittwoch nach einer weiteren Gesprächsrunde in Genf übereinstimmend, dass man nicht weiter gekommen sei.

EU-Handelskommissar Peter Mandelson sagte, die EU habe im strittigen Agrarbereich nahezu alles unternommen, was möglich gewesen sei. Seine Position sei nun zunächst ausgereizt. Auch der US-Handelsbeauftragte Rob Portman sagte, er sehe keine Fortschritte.

Frankreich blockiert

Die EU hatte eine Kürzung der höchsten Agrarzölle von bis zu 60 Prozent und eine Reduzierung der handelsverzerrenden Agrarbeihilfen um bis zu 70 Prozent angeboten. Dies war Frankreich bereits zu weit reichend. Auch diese Woche drohte Paris erneut mit einem Veto, sodass der Spielraum von Mandelson erheblich eingeschränkt ist. Auch Vertreter anderer Staaten, darunter Österreichs Agrarminister Josef Pröll, kritisierten, dass Mandelson bereits zu Beginn der Verhandlungen praktisch das Maximum angeboten habe.

Der Streit zwischen den WTO-Verhandlungspartnern konzentriert sich auf den Agrarsektor, obwohl es auch um weitere Liberalisierungen in anderen Handelsbereichen geht. Die EU war jedoch in Zugzwang gekommen, auf dem Agrarsektor Zugeständnisse zu machen, die von anderen Staaten als Vorbedingung für weitere Liberalisierungsschritte deklariert worden waren.

"Ich will, dass Verhandlungen auch in anderen Bereichen starten, wie sie im Landwirtschaftsbereich begonnen wurden", sagte Mandelson am Mittwoch.

Nicht nur die USA, sondern auch Länder wie Brasilien und Indien lehnten jedoch das EU-Angebot ab. Nicht nur WTO-Diplomaten sind daher skeptisch, ob es bei der Ministertagung in Hongkong nun zu einer Einigung kommen wird und die so genannte Doha-Handelsrunde wie geplant Mitte Dezember abgeschlossen werden kann.

Eigentlich müssten die Vertreter aus 138 Staaten in Hongkong einen Entwurf für ein Welthandelsabkommen billigen, um die Doha-Runde am Laufen zu halten. Sie sollte schon 2004 abgeschlossen sein. (afs, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.11.2005)