Wien - Die SPÖ hat in der Visa-Affäre Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) vorgeworfen, Missstände verschleiern zu wollen und sie einmal mehr aufgefordert, Licht in die Sache zu bringen. Die Oppositionspartei stößt sich vor allem daran, dass Visa-Anträge ein Jahr nach Ablauf des Visums vernichtet worden sind.

Das sei zwar laut Skartierungsvorschrift möglich, aber nicht zwingend, erklärte SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Ex-Politiker und Mitaufdecker der Affäre Helmut Edelmayr (SPÖ) am Freitag. Der von den Sozialdemokraten sowie den Grünen geforderte Untersuchungs-Ausschuss zur Causa soll nächste im Plenum thematisiert werden, kündigte Jarolim an.

Die Vermutung der SPÖ, dass das Außenministerium zu "vertuschen" versuche, fußt auf einer Aussage des Generalsekretärs im Außenamt, Johannes Kyrle. Dieser soll gegenüber Edelmayr gesagt haben, dass "im Außenministerium die Bundes-Skartierungsvorschriften auf Punkt und Beistrich erfüllt werden", sprich Visa-Anträge ein Jahr nach Ablauf des Visums vernichtet werden. Jarolim erklärte, dies sei nur eine Möglichkeit und keine Vorschrift. Man hätte, nach dem man Hinweise auf mögliche Missstände erhalten habe, "nicht Anträge vernichten, sondern vorgehen müssen", so der SP-Justizsprecher. Die Aussage Kyrles deutet Jarolim daher als Hinweis, dass man "bewusst vernichtet hat und sich damit auch noch brüstet".

Nachdem aber beim angeblichen Visa-Handel an österreichischen Auslandsvertretungen keine Visa, sondern die Anträge, etwa die für den Erhalt der Einreiseerlaubnis notwendige Einladung, gefälscht worden seien, sei es nun schwierig, die Unregelmäßigkeiten nachzuweisen. Und "die Außenministerin verhält sich so, als wüsste sie von nichts, dabei sitzt sie seit 1995 an der Quelle", meinte Jarolim. "Man ist aber offenbar nicht daran interessiert, aufzuklären", so der SP-Politiker.

Die am Donnerstag von Plassnik angekündigte Einsetzung einer Expertenkommission zu diesem Thema bezeichnete er als "fadenscheinig". Es sehe so aus, also würde nun "die Arbeitsgruppe Plassnik versuchen, das zu vertuschen, was die Arbeitsgruppe (Benita) Ferrero-Waldner im Jahre 2002 verabsäumt hat", meinte Jarolim in Anspielung darauf, dass die damalige Außenministerin im Mai 2002 von einem Visa-Handel an der Botschaft in Belgrad informiert gewesen sei und keine Missstände festgestellt haben will.

Den von SPÖ und Grünen geforderten U-Ausschuss zur Causa will die Opposition beim nächsten Plenum des Nationalrates kommenden Mittwochen thematisieren. Jarolim betonte, dass eine rasche Aufklärung der Affäre nicht zuletzt im Hinblick auf die bevorstehende österreichische EU-Ratspräsidentschaft wichtig sei. Er befürchtet andernfalls "eine Blamage" während des EU-Vorsitzes. "Der Schengenraum beruht auf gegenseitiger Verlässlichkeit innerhalb der europäischen Staaten. Man verlässt sich aufeinander." Mit der Affäre sei die Verlässlichkeit Österreichs in Frage gestellt worden, kritisierte Jarolim. Die SPÖ sei jedenfalls nicht bereit, "die dunkle Brille aufzusetzen". (APA)