Bild nicht mehr verfügbar.

Der Weg in eine moderne Bildungszukunft führt unbedingt über eine grundlegende Reform der aktuellen Gegebenheiten, sagen Experten. Die dafür notwendigen Maßnahmen würden aber von der Politik nur allzu langsam gesetzt.

Foto: APA
Auf diesen Anspruch einigte sich ein prominent besetztes Podium bei einer Diskussionsveranstaltung in Wien.

******

"Bildung muss als Anschlusskompetenz gesehen werden, die zur nächsten Stufe berechtigt, und nicht, wie heute oft üblich, als Abschluss und Ruhepodium." Mit diesem Statement schloss Zukunftsforscher Matthias Horx Dienstagabend seinen Eingangsvortrag bei der Podiumsdiskussion "Wie viel Bildung braucht die Wirtschaft" in der Danube International School (DIS).

Alle "hochbilden"

Die Kooperationsveranstaltung von T-Mobile Austria, dem Magazin Society und der DIS brachte neben Horx den Technischen Direktor von T-Mobile Austria, Günther Ottendorfer, und Unternehmer Hans Staud auf die Bühne. Society-Herausgeberin Gertrud Tauchhammer moderierte.

Eine Gesellschaft lasse sich durchaus "hochbilden", führte Horx weiter aus, und nahm Finnland als Beispiel: "Dort ist jede Generation ein bisschen höher gebildet als die vorhergehende - das war bei uns auch lange so."

Günther Ottendorfer vermisst an Schul- und Universitätsabgängern vor allem Teamwork. Das Bildungssystem müsse vermehrt Social Skills vermitteln. Daneben benannte er zwei Problemfelder, für die sich Mitarbeiter eines modernen Betriebs wappnen müssten. Einerseits sollten sie "mit dem hohen Druck umgehen können, der sich in der heutigen Schnelllebigkeit aufbaut und ein Ventil braucht." Die immer höhere Komplexität im Dienstleistungssektor erfordere außerdem Netzwerk-Kompetenz. "Man muss wissen, wo man sich Inputs holen kann, und wo eigene Inputs gefragt sind."

Marmelade-Produzent Staud bedauerte, dass er "oft viel zu speziell ausgebildete Menschen" erlebe, was den schnellen Veränderungen am Markt widerspreche: "Die Jungen sehen viele Zusammenhänge nicht." Wo Ottendorfer auf Teamfähigkeit setzt, geht Staud "die persönliche Verantwortung ab. Dass man weiß: Ich bin verantwortlich und stehe dazu, wenn ich etwas falsch gemacht habe."

Für Horx ist Sprachfähigkeit essenziell

"60 Prozent der Weltbevölkerung sind bilingual. Wir alle müssen zumindest zweisprachig sein und sollten nicht nur Deutsch für Ausländer fordern, sondern Englisch für Inländer."

Sprachen sind auch Staud ein Anliegen, der sich nicht scheut, Zwangsverpflichtungen anzudenken. Zwar wehre sich die Gesellschaft - insbesondere die Politik - vehement gegen solche Ideen, aber dennoch: "Wenn man niemals verpflichtet hätte, dann wären wir heute alle Analphabeten", beleuchtet er die Tatsache der allgemeinen Schulpflicht. Dass man zur Produktion - besser: Erziehung - der besten Arbeitnehmer und Unternehmer bei den primären Bildungsinstitutionen wie Kindergarten und Volksschule bzw. Unterstufe ansetzen müsse, stellte sich gegen Ende der Diskussion als einheitlicher Konsens heraus. Wobei Horx die Chancengleichheit unterstrich und auf die Gemeinschafts- und Ganztagsschule schwor: "Das trage ich Ministerin Gehrer immer wieder vor - leider mit abnehmenden Erfolgsaussichten." Die Tragik des Schulsystem sei, dass man "soziale Unterschiede verstärkt anstatt beseitigt".

Wirtschaft und Ethik

Auf ein konkretes Problem der Wirtschaft zurückkommend, meinte Staud schließlich, dass auch viele Unternehmer Bedarf nach Weiterbildung hätten: "Ich würde einigen raten, Wirtschaftsethik zu studieren." Die zahlreichen Zuschauer entlässt er mit der Bitte, bewusst von der "Geiz ist geil"-Mentalität abzurücken, und Betriebe danach zu beurteilen, "wie gut die Mitarbeiter behandelt werden, und ob die am Abend glücklich nach Hause gehen". Damit erspare sich nämlich die Volkswirtschaft sehr viel - und damit wir alle. (Bernhard Madlener/Der Standard, Printausgabe 12./13.11.2005)