Die österreichische Forschungslandschaft ist ein zerklüftetes Feld. Abseits der Universitäten arbeiten viele kleinere Forschungseinheiten an Lösungen für die Wirtschaft. Kritiker sehen darin einen Nachteil. Denn eine bestimmte Größe sei notwendig, um im internationalen Vergleich mithalten zu können. Über die "Verhüttelung" der Forschung diskutierten am Mittwoch fünf Expertinnen und Experten im EC-Austria-Technologiegespräch "Österreichische Forschungslandschaft - notwendige Vielfalt oder unkoordinierter Wildwuchs?"

Anlass dafür war unter anderem die kürzlich präsentierte Exzellenzstrategie des Rats für Forschungs- und Technologieentwicklung. Mit der Bündelung von Forschungs-und Entwicklungsaktivitäten will der Rat einen Vorstoß in internationale Spitzenpositionen erreichen.

Für Peter A. Bruck ist diese Strategie ein Schritt in die richtige Richtung. "Österreich muss vor einer Verhüttelung bewahrt werden", fordert der Leiter der Research Studios Austria. "Die kritische Größe ist unabdinglich für Qualität, Kontinuität und Kompetenzaufbau." Auch Martin Bittner, Geschäftsführer von SolveDirect.com, findet, dass man den Trend zu größeren Einheiten Folge leisten muss. "Da die Innovationsdynamik klar eine globale ist, die auf größere Einheiten abzielt, werden wir in Österreich auch nicht umhin können, Strukturen zu bilden, die solche Skaleneffekte begünstigen."

Eine differenzierte Sichtweise vertritt Peter Kowalski, Sektionschef für Forschung im Wissenschaftsministerium. Forschung müsse auf einer intelligenten Basis stattfinden. Dabei komme es nicht auf die Größe der Forschungseinheiten an, sondern darauf, dass das Umfeld optimal auf Forschende und Auftraggeber zugeschnitten sei.

Henrietta Egerth, Geschäftsführerin der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), sieht die Lösung des Problems in der Bildung von effizienten Netzwerken. Die Strukturen dazu müssten allerdings erst geschaffen werden. "Nur über strukturelle Anpassungen und stets weiter optimierte Rahmenbedingungen für ein reibungsloses Zusammenspiel von Universität und Wirtschaft kann längerfristig ein internationales Spitzenlevel erreicht und gehalten werden." Der Kritik, dass Forschungsförderung in Österreich primär der Industrie und weniger Klein- und Mittelbetrieben Nutzen bringe, setzt die FFG-Geschäftsführerin Zahlen entgegen. So seien 80 Prozent der FFG-Förderkunden KMUs. "Das die Industrie ebenfalls gern gesehener Kunde ist, ist selbstverständlich." Die FFG will laut Egerth nun im Rahmen einer neuen Strategie die Kooperation zwischen KMUs, Forschung und auch der Industrie stärken.

Die Gründe dafür, dass KMUs sich vor der Zusammenarbeit mit Forschungsinstitutionen scheuen, liegen laut Armin Sumesgutner von Telekom Austria vor allem am fehlenden Vertrauen der KMUs in Forschungsinstitutionen. "Hier ist vor allem seitens der wissenschaftlichen Partner Aufbauarbeit zu leisten."

Ein hohes Ausbildungsniveau, Kreativität und gute Forschungseinrichtungen sind laut Bittner in Österreich gegeben. Einen Engpass erkennt er in der wirtschaftlichen Verwertung von Forschungsergebnissen. "Wir müssen in Zukunft größere Anreizsysteme schaffen, die die Strukturhemmnisse zwischen Universitäten und Wirtschaft ausgleichen." (kasa/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14. 11. 2005)