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Stadler: "Ich aber bin wehrhafter Christ ..."

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Er sei untertags Volksanwalt, abends Politiker, verteidigt sich Ewald Stadler. Er ist für die Absetzbarkeit von Volksanwälten, gegen die "aggressive Homolobby" - und will 2006 ins Parlament, sagt er Eva Linsinger.

STANDARD: Sind Sie Volksanwalt oder Politiker?

Stadler: Sowohl als auch. Ich betrachte den Volksanwalt als hochpolitische Funktion, die auch von der Verfassung so gedacht ist. Denn das Nominierungsrecht steht den drei stärksten Parteien im Nationalrat zu.

STANDARD: Aber Sie halten FPÖ-Parteireden.

Stadler: Das hat auch Kollege Peter Kostelka gemacht, auch Kollegin Rosemarie Bauer. Kostelka hat sogar Pressekonferenzen mit seinem Vorsitzenden Alfred Gusenbauer zum Thema Abfangjäger gegeben. Sie haben halt nicht das Echo wie ich gehabt, das ist der Unterschied.

STANDARD: Wie viel Zeit bleibt Ihnen neben der FPÖ überhaupt für die Volksanwaltschaft?

Stadler: Parteipolitische Tätigkeit muss aufs Wochenende oder den Abend verwiesen werden. Untertags bin ich Volksanwalt, abends Politiker. An meinem Fleiß als Volksanwalt zweifeln nicht einmal meine größten Kritiker.

STANDARD: Hätte Klubobmann Stadler einen Volksanwalt, der Parteireden hält, kritisiert?

Stadler: Alle Abgeordneten oder Minister tun ja das Gleiche. Wieso sollte ich das kritisieren? Mich ärgert nur diese keusche Verlogenheit, die man hier an den Tag legt, weil man mit einem Politiker argumentativ nicht fertig wird. Bisher hat man die Volksanwaltschaft als Tätigkeit für politische Auslaufmodelle betrachtet. Das ist der Hintergrund der Kritik.

STANDARD: Aber die Kritik entzündet sich am Inhalt Ihrer Aussagen - etwa über "Homosexuelle und andere perverse Partnerschaften".

Stadler: Es hätte niemand etwas an mir herumzukritisieren, wenn ich mich in den linken Mainstream und ins Zeitgeistspießertum einreihen würde. Nebenbei möchte ich alle Kritiker fragen, warum sie für die Schließung des Priesterseminares in St. Pölten waren, wenn die dortigen Zustände jetzt als so wunderbar dargestellt werden.

STANDARD: Vertreten Sie Homosexuelle?

Stadler: Selbstverständlich. Ich habe nichts gegen die sexuelle Neigung eines Einzelnen. Mir geht nur die Aggressivität der Homolobby auf die Nerven, die die Gleichstellung mit der Ehe verlangt. Das kommt nicht infrage, weil es mit meinen Werten als Katholik unvereinbar ist.

Daher wundere ich mich über die VP: Die fährt zum Heiligen Vater, lässt sich Rosenkränze schenken und ignoriert die Aufforderung des Papstes, gegen Homo-Ehe aufzutreten. Die ÖVP führt ihr C in der Programmatik nur als Schein. Ich aber bin wehrhafter Christ. Aber natürlich vertrete ich als Volksanwalt alle Beschwerdeführer, welcher Religion oder Neigung auch immer.

STANDARD: Sie legen als Volksanwalt den Schalter um, sind plötzlich überparteilich?

Stadler: Das ist bei jedem Richter auch so. Da gibt’s keinen Schalter, aber es gibt die Verpflichtung, dem Recht verbunden zu sein.

STANDARD: Es wird diskutiert, ob man Volksanwälte ablösen können soll. Sind Sie dafür?

Stadler: Das fände ich vernünftig. Nur: Mich abzuberufen, weil ich gegen die Homo-Ehe bin - da ist es eine spannende Frage, wie die Bevölkerung reagieren würde. Das kann man gerne wagen, da habe ich kein Problem damit. Aber prinzipiell halte ich es für gut, dass alle demokratisch gewählten Organe auch wieder abberufen werden können und dass es keine Staatsfunktion gibt, die sakrosankt ist.

STANDARD: Die letzte Debatte über Absetzbarkeit gab es, als Sie infrage stellten, ob Österreich 1945 befreit wurde. Brauchen Sie den Konflikt?

Stadler: Nein, das kommt aus meiner freiheitlichen Gesinnung. Die FPÖ war von Anfang an eine Partei, die sich eben nicht ins Establishment einreiht, die nicht mit dem Zeitgeist schwimmt. Wenn es nicht so wäre, bräuchte es die FPÖ nicht. Sowohl die Position zur Homosexualität als auch die zu 1945 ist nur das Vertreten des FPÖ-Parteiprogramms.

STANDARD: Auch Aussagen Ihres Parteichefs Strache über Ausländer und Maul- und Klauenseuche sind Parteiprogramm?

Stadler: Strache ist wieder die originäre FPÖ. Auch solche Aussagen sind zulässig - wie der gesamte Wiener Wahlkampf. Dabei berufe ich mich auf Grundfreiheiten des Landes: auf Meinungs- und Glaubensfreiheit.

STANDARD: Wollen Sie 2006 ins Parlament?

Stadler: Ich habe mich aus der Politik nie abgemeldet. Wenn die Partei es wünscht, werde ich Abgeordneter. Wenn nicht, bleibe ich bis 2007 Volksanwalt. (DER STANDARD, Printausgabe, 19./20.11.2005)