Das hat sich wohl gelegt. "Seit September bin ich wieder viel unterwegs," sagt Rundel, und da das Partiturstudium weitergeht, fällt er auf Flughäfen durch reichlich Notenübergepäck auf. In Wien ist er mit einem Teil des Übergepäcks oft in irgendeinem Kaffeehaus anzutreffen; ein bisschen Lärm sei genau richtig, wenn es darum geht, Notengedanken zu entschlüsseln.
Zuletzt waren es jene von Helmut Lachenmann. Der deutsche Komponist - ein Sonderfall für Rundel: "Bestimmte unkonventionelle Instrumentaltechniken sind ja mittlerweile normal in der neuen Musik. Aber die Präzision, in der er sie haben will, ist einzigartig. Eigentlich fordert er die Bereitschaft, Technik neu zu definieren; Musiker müssen ihr Instrument gleichsam neu lernen."
Eine Heidenarbeit. "Und man kann nicht erwarten, dass jeder überzeugt ist. Aber dann passiert es, dass etwa ab der Generalprobe selbst die Misstrauischen von der Musik - manchmal gegen ihren eigenen Willen - mitgerissen werden." Das ist für Rundel quasi ein letztes Qualitätskriterium. Als Dirigent merke man natürlich schon früher, welches Gewicht ein Werk hat:
"Oft sieht man gleich, dass da eine Kraft von der Musik ausgeht, die sich sinnlich vermittelt. Als Dirigent muss ich immer Kraft investieren, klar. Dann gibt es aber eben Musik, von der, aus unerklärlichen Gründen, sofort etwas zurückkommt." Rundel (Jahrgang 1958) kann von solchen Erlebnissen als Dirigent und als Geiger berichten. Er war lange Jahre Instrumentalist beim Ensemble Modern, bevor er begann, sich um das musikalische Ganze zu kümmern. "Das Dirigieren war nie ein dringender Wunsch. Ich habe bei Dirigierklassen vorbeigeschaut und war nicht begeistert. Das hatte wenig Praxisbezug. Ich habe dann bei Michael Gielen gelernt."