Diese Großmeister Neil Young verdankte Aussage vom einen einzigen und jederzeit aktualisier- wie wiederholbaren Lebenssong, um den sich alles immer nur drehen könne, mag zwar in seinem Fall stimmen. Immerhin variiert der alte Kanadier zwischen den Polen Harvest und Zuma aus den 70er-Jahren einmal weniger - und manchmal um einiges mehr elektrisch verstärkt - die Kunst eines gefundenen oder erarbeiteten Autorenstils wie kein zweiter.
Dass sich aber im großen Zusammenhang vom Lied als Abbildung oder Gegenentwurf zum so genannten echten Leben mehr finden lässt, als man es sich mit akustischer Gitarre und einer Tendenz zum G'schichtldrucken vorstellen kann, dürfte sich knapp 40 Jahre nach Erfindung von Technologie, die nicht auf Wanderklampfe, Mundharmonika und Paar- und Kreuzreim fußt, eigentlich auch fast von selbst verstehen. Zumal die Speerspitze juvenilen Forschungsdrangs in der Elektronik nach Jahren unter dem Knebel des ausgerufenen Songendes heute selbst entschieden auf das gute alte Strophe-Refrain-Schema setzt - und damit in den Trendpostillen auch noch durchkommt.
Gänsehaut und Pilze
Die vor zwei Jahren ins Leben gerufene Vienna Songwriting Association um die beiden ORF-Mitarbeiter Klaus Totzler und Jenny Blochberger versucht sich zwar möglicherweise zum Glück nicht selbst an der Kunst, praktizierte Befindlichkeit an der unterstellten Wandergitarre zum Ausdruck zu bringen. Nach einem zu Ehren des Ende November 1974 verstorbenen großen britischen Songwriters Nick Drake (Pink Moon) im November 2004 angesetzten Festival, Fruit Tree - A Tribute To Nick Drake, und seitdem regelmäßigen Veranstaltungen, unter anderem im Ottakringer Gasthaus Vorstadt, will man jetzt mit dem dreitägigen Festival Bluebird allerdings in diesem Rahmen Kontinuität schaffen.
Stilistisch bewegt man sich von der Programmierung her in mitunter tatsächlich aufregende Bereiche. Neben traditioneller Kost wie den heimischen, eigens zu dieser Gelegenheit reformierten Alalie Lilt, Ben Martin oder Daniel Mölksmith oder dem britischen Sachwalter von US-Übervater Tim Buckley, dem Briten James Harries, gilt es vor allem drei Acts in begeisterter Erwartungshaltung hervorzuheben:
Die beiden New Yorker Bands Botanica und Barbez, tätig in jenen Hinterhöfen, in denen Nick Cave, Tom Waits oder The Dresden Dolls gerne Kurt-Weill-Lieder grölen, sowie das Londoner Quintett Flotation Toy Warning.
Letztere veröffentlichten heuer mit dem Debütalbum Bluffer's Guide To The Flight Deck (Vertrieb: Hoanzl) und einer menschenfreundlichen wie spinnerten Mischung aus Songwriter-Psychedelia, Herzerweiterung wegen Einnahme von selbst gepflückten narrischen Schwammerln und einem Händchen für tränentreibende Jahrhundertmelodien zwischen dem alten Schlagergott Christian Anders (Geh nicht vorbei) und Procol Harum (A Whiter Shade Of Pale) nicht nur eines der neben Antony & The Johnsons (I'm A Bird Now) und The Arcade Fire (Funeral) ganz großen Gänsehaut-Werke des Jahres.