Über die Notwendigkeit der Firmenmarke und die "Attraktivitätspflege" als Arbeitgeber auf einem immer segmentierteren Recruitingmarkt diskutierte eine Expertenrunde im aktuellen Karrierenforum.

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Die Marke eines Unternehmens an sich müsse auch dem eigenen Wertekanon entsprechen - frei nach "Who is myself and what is my job?", sagt Hannah Rieger, Leiterin der Corporate Communications der Investkredit Bank AG. Sie nämlich, die mit Martin Mayer, Managing Partner Iventa, Franz Kühmayer, COO Microsoft Österreich, FH Joanneum-Personalchef Peter Reinighaus und Friederike Stern, Leitung Recruiting OMV Solutions, zum Thema der Bedeutung der Marke in Arbeitswelten diskutierte, war am Markenaufbau der Investkredit maßgeblich beteiligt: "Damals standen wir vor einer besonderen Konstellation - unsere Eigentümer waren unsere größten Konkurrenten am Markt." Ein Werbeauftritt war also nicht möglich.

Aus der Not eine Tugend

Man habe es aber geschafft, aus dieser "Not" eine Tugend zu machen: Der Weg zur eigenen Marke als Spezialbank für Unternehmen wurde auf zwei Säulen gestützt - einerseits auf Fachkompetenz und andererseits auf Erfahrungswelten, so Rieger weiter. So erfuhr man etwa hohe Kompetenzzuschreibungen über die Investkredit-Fachbuchreihe. Zudem setze man auf Veranstaltungen für unterschiedliche Kundengruppen, etwa die Bundesländer-Workshops, um eine möglichst enge Vernetzung zum Kunden zu erreichen. Rieger: "Wir begreifen unsere Organisation als Raum für Menschen. Das Organisationsbild entspricht dem Menschenbild im Unternehmen."

Auf internationaler Ebene, so Martin Mayer aus der Sicht der Personalberatung und Personalmarketing-Expertise, stecke Österreich - im Vergleich zum angloamerikanischen Markt - zum Thema der Markenbildung noch in den Kinderschuhen. Er gab vor diesem Hintergrund auch den Anstoß zum aktuellen Karrierenforum. Seit einigen Jahren bewege sich aber doch etwas: "Wir haben 2003 begonnen, uns auf das Thema Personalmarketing zu fokussieren", sagt er, "und wir sehen heute, dass wir mit Unternehmen schnell in gute Diskussionen kommen."

Grundsätzliche Hürden

Dennoch stoße man immer wieder auf grundsätzliche Hürden, die sich etwa in einer extremen Trennung der Abteilungen Personal und Marketing auftäten. Die Notwendigkeit des Aufbaus zweier Säulen, nämlich einerseits des Recruitings und andererseits eines Markenaufbaus für das Unternehmen selbst, sei in Österreich in weiten Teilen noch nicht ausreichend genug gediehen, sagt Mayer.

Auch seien branchenspezifische Unterschiede erkennbar: Konnte man im Finanzvertrieb hohe Professionalisierungsschübe wahrnehmen, tue sich etwa beim Handel so gut wie nichts. Der heute höchst segmentierte Recruiting-Markt tue sein Übriges. Besonders in wissensbasierten Unternehmungen und im Hinblick auf internationale Recruitingstrategien werden Maßnahmen in Hinkunft aber noch wichtiger werden, so Mayer.

Human Resources

"Nur ein attraktives Unternehmen wird die besten Mitarbeiter bekommen", schließt sich Franz Kühmayer an. Im "Intellectual Business", zu dem sich Microsoft zähle, hänge der Unternehmenserfolg massiv von den Mitarbeitern ab. Zudem sei man in einem hoch kompetitiven Markt, dementsprechend liege der Fokus bei Microsoft auch auf der Weiterentwicklung und Pflege der eigenen Attraktivität als Arbeitgeber, so Kühmayer. Die Frage sei doch: Passt die Marke zum alltäglichen Arbeiten? Schon allein deshalb sei es notwendig, neben dem Recruiting auch ein Personalmarketing aufzubauen - dabei seien Produktmarken strikt von der Unternehmensmarke zu trennen: "Wir spielen nicht alle XBox", grinst er. Man investiere viel in Mitarbeiterentwicklung: "Die Personalpolitik hat bei Microsoft jede Führungskraft in der Verantwortung."

Die Human-Resources-Abteilung stelle dafür die Werkzeuge zur Verfügung. Regelmäßig würden die Microsoft-Mitarbeiter etwa zur Zufriedenheit am Arbeitsplatz oder mit der direkten Führungskraft befragt - die Ergebnisse würden in den Gehältern der Führungsebenen Niederschlag finden, so Kühmayer.

Sicher rekrutiere man bei OMV auch mit der Marke - durch das exponentielle Wachstum des Unternehmens sei man aber immer wieder an Grenzen gestoßen, sagt Friederike Stern. "Wir sind ein internationaler, kein Global Player." In der Schweiz oder in Hamburg etwa müsse man das Unternehmen schon wieder erklären. Und: Die Experten, die die OMV suche, seien kaum in Österreich zu finden. Das Personalmarketing sei entsprechend stark zu internationalisieren.

Dezidiertes Ziel

"First choice on a truly international level." Die Attraktivität eines Unternehmens baue sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, so Stern. Aus Ehrlichkeit, der Umsetzung von Versprechen und Authentizität u. a., sagt sie. Das Produkt sei das eine, das Firmen-Image das andere. Zu beobachten sei, so Stern weiter, dass besonders junge Menschen stärker nach der Marke gehen. Wenn man aber - im konkreten Fall der OMV - Spezialisten und keine Generalisten suche, habe man es mit erfahreneren, reiferen Menschen zu tun, die stark darauf achten, was sich hinter der Marke verberge.

Die Positionierung der Marke FH Joanneum, so Peter Reininghaus, habe man vor rund zehn Jahren sehr kritisch beäugt. "Wir haben den fehlenden Aspekt der Dienstleistung an den Universitäten erkannt und uns bewusst dahingehend orientiert", sagt er. "Wir sind", so Reininghaus weiter, "als Hochschule ein dienstleistungsorientiertes Unternehmen." Mit einer Ausnahme, dass der "Kunde Student" nur Kunde bleiben könne, wenn er sich an die Regeln halte.

Hauptberuflich wie auch nebenberuflich Lehrende zu finden hänge in der FH auch stark von der Überzeugungsarbeit der Führungskräfte ab, so Reininghaus. Schließlich sei der Bildungsmarkt eng: "Je attraktiver wir uns als Arbeitgeber darstellen und je authentischer wir unsere Werte auch nach außen hin leben, umso bessere Bewerber bekommen wir." (haa, Der Standard, Printausgabe 19./20.11.2005)