Wer wen verdrängt.

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Wien - Die EU und die USA subventionieren die Produktion von Mais, Reis, Hirse, Fruchtsaft, Dosenfrüchten, Tomaten, Milchprodukten, Tabak und Wein teilweise auf lokaler und regionsspezifischer Basis. Dies stellt die internationale Entwicklungsorganisation Oxfam in einem neuen Bericht fest. Diese Subventionen summieren sich für die EU auf 4,2 Mrd. Dollar (3,6 Mrd. Euro); für die USA auf 9,3 Mrd. Dollar (7,9 Mrd. Euro) jährlich. Oft sind die Förderungen - nicht so leicht sichtbar - im verarbeitenden Bereich angesiedelt und kommen damit nicht Bauern sondern dem Agrobusiness oder Großgrundbesitzern zugute.

Sollten die beiden Blöcke USA und EU zu keinem Entgegenkommen bei Agrarfragen im Rahmen der Konferenz der Welthandelsorganisation WTO in Hongkong im Dezember bereit sein, wird es deshalb zu weiteren Anrufungen des WTO-Schiedsgerichts kommen, meinen die Oxfam-Autoren. Die Subventionen der Baumwollproduktion in den USA und die Zuckerförderungen in der EU waren schon Gegenstand solcher Verhandlungen. Uruguay hat bereits angekündigt, die Förderung des Reisanbaus in den USA - diese werden mit 1,2 Mrd. Dollar im Jahr gefördert - vor das Schiedsgericht zu bringen, sollten die reichen Staaten zu keinen substanziellen Änderungen ihrer Agrarpolitik bereit sein (mögliche Fälle siehe Tabelle).

Weniger Anbau ohne Förderungen

Am Beispiel von Maisanbau in den USA rechnet Oxfam die Wirkung solcher Förderungen vor: 25 Mrd. Dollar flossen in den letzten fünf Jahren in den Maisanbau. Ohne die Förderungen wären 15 Prozent weniger angebaut worden, die US-Exporte wären verschwunden, die Weltmarktpreise wären um sieben Prozent höher gewesen. Bauern in Entwicklungsländern (in die der gestützte US-Mais oft importiert wird) hätten vier Mrd. Dollar einnehmen können.

Ähnlich das Oxfam-Beispiel bei EU-Paradeisern. Mit rund 260 Mio. Euro subventionierten Regierungen in Griechenland, Italien und Spanien die Verarbeitung von Paradeisern zu Tomatenmark und -dosen. Die EU ist weltweit drittgrößter Exporteur solcher Güter und nimmt damit Ländern wie Südafrika, Chile, Mexiko und Marokko Absatzchancen weg. Den Exportmarkt für verarbeitete Paradeiser schätzt Oxfam auf 270 Mio. Euro.

Was die EU betrifft, sei diese Unterstützungspraxis für die lokalen Verarbeiter landwirtschaftlicher Produkte auch durch die EU-Agrarreform nicht behoben worden, sagt Matt Grainger von Oxfam. Die Subventionierung der verarbeitenden Industrie, etwa im Bereich Fruchtsaft, gehe nämlich Hand in Hand mit der Verwendung lokaler Produkte. Insgesamt wurden in der Oxfam-Studie elf Agrargüter untersucht. Sollte es in Hongkong zu keinem generöseren Entgegenkommen der reichen Wirtschaftsblöcke kommen, werde Marktzugang "Stück für Stück" auf dem Klagsweg eingefordert werden. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.12.2005)