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Michael Haneke mit "Caché"-Hauptdarstellerin Juliette Binoche in Cannes.

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Berlin/Wien - Bei der Verleihung der Europäischen Filmpreise am Samstag Abend in Berlin hat der Film "Caché" des Österreichers Michael Haneke seine Favoritenrolle eindrucksvoll bestätigt. Insgesamt gingen fünf Auszeichnungen an den Film, darunter die prestigereichste als Bester Europäischer Film des Jahres.

Wie schon bei den Filmfestspielen in Cannes wurde Haneke als Bester Regisseur ausgezeichnet, Daniel Auteuil wurde Bester Schauspieler. Auch für den Besten Schnitt (Michael Hudecek und Nadine Muse) ging der Preis an "Caché", ebenso wie der FIPRESCI-Preis der Internationalen Filmkritik.

Nur in drei Kategorien, in denen "Caché" ebenfalls nominiert war, gingen die Preise an andere: Bester Kameramann wurde Franz Lustig für "Don't come knocking" (und nicht Christian Berger), beste Schauspielerin wurde Julia Jentsch für "Sophie Scholl - Die letzten Tage" (und nicht Juliette Binoche), beste Drehbuchautoren wurden Hany Abu-Assad und Bero Beyer für "Paradise now" (und nicht Haneke).

Auch die österreichische Dokumentarfilmszene hat Grund zum Jubeln. Zwar wurde - wie bereits seit längerem bekannt - der Film "Un dragon dans les eaux pures du caucase" (The Pipeline Next Door) von Nino Kirtadzé Bester Europäischer Dokumentarfilm und nicht der ebenfalls nominierte Streifen "Workingman's Death" des Österreichers Michael Glawogger. Dieser gewann jedoch beim Filmfestival in Gijon, das gestern zu Ende ging, den Spezialpreis der Jury (ex aequo mit "Iron Island" des Iraners Mohammad Rasoolof).

Auch beim Internationalen Dokumentarfilmfestival Amsterdam (IDFA), dem neben Cinema du Reel in Paris bedeutendsten europäischen Bewerb, ging laut Angaben der Austrian Film Comission (AFC) heute Abend der "Special Jury Award" an einen Österreicher, nämlich an den Film "Unser täglich Brot" von Nikolaus Geyrhalter. Der Film hatte in Amsterdam seine Uraufführung und läuft im Frühjahr 2006 regulär in Österreich an. (red/APA/dpa/AP)

>>>Die Preisträger

Die Preisträger:

  • Bester Europäischer Film: "Caché" von Michael Haneke (Frankreich/Österreich/Deutschland/Italien)
  • Bester Europäischer Regisseur: Michael Haneke für "Caché"
  • Beste Europäische Schauspielerin: Julia Jentsch (Deutschland) in "Sophie Scholl - Die letzten Tage"
  • Bester Europäischer Schauspieler: Daniel Auteuil (Frankreich) in "Caché"
  • Bestes Europäisches Drehbuch: Hany Abus-Assad (Holland/Palästina) und Bero Beyer (Deutschland) für "Paradise Now" (Holland/Israel/Deutschland/Frankreich)
  • Bester nichturopäischer Film/Prix Screen international: "Good Night, And Good Luck" von George Clooney (USA)
  • Beste Kamera: Franz Lustig (Deutschland) für "Don't Come Knocking von Wim Wenders
  • Bester Komponist: Rupert Gregson-Williams und Andrea Guerra
  • Europäischer Filmpreis für ein Lebenswerk: Schauspieler Sean Connery (Großbritannien)
  • Europäischer Filmpreis für einen Beitrag uzm Weltkino: Komponist Maurice Jarre (Frankreich)
  • Europäische Entdeckung - Fassbinder-Preis: "Anklaget" (Accused) von Jakob Thuesen (Dänemark)
  • Europäischer Preis der Filmkritik: "Caché"
  • Europäischer Dokumentarfilm Prix Arte: "Un dragon dans les eaux pures du caucase" (The Pipeline Next Door) von Nino Kirtadze (Frankreich)
  • Bestes Szenenbild: Aline Bonetto für "Un long dimanche de fiancailles" (Frankreich)
  • Bester Schnitt: Michael Hudecek und Nadine Muse für "Caché"
  • Bester Kurzfilm: "Undressing My Mother" von Ken Wardrop (Irland).
  • Publikumspreis bester Regisseur: Marc Rothemund für "Sophie Scholl" (Deutschland)
  • Publikumspreis bester Schauspieler: Orlando Bloom (Großbritannien) in "Kingdom of Heaven"
  • Publikumspreis beste Schauspielerin: : Julia Jentsch (Deutschland) in "Sophie Scholl"

  • (red/APA/dpa/AP)

    >>>Filme von Michael Haneke: Angstbarometer der Gesellschaft

    Angstbarometer der Gesellschaft

    Michael Hanekes Filme lassen sich als Barometer gesellschaftlicher Ängste lesen. Die Bedrohung der bürgerlichen Sicherheit, Mechanismen der Gewalt, Fragen nach Schuld und Macht und die kritische Hinterfragung des Medienapparats ziehen sich durch das Werk des österreichischen Regisseurs. Auch in seinem nun zum besten europäischen Film des Jahres gekürten Streifen "Caché" regiert die Angst. Ein Ehepaar (Daniel Auteuil, dafür als bester europäischer Schauspieler prämiert, und Juliette Binoche) erhält darin anonyme Drohbotschaften per Video.

    Studium der Philosophie und Psychologie

    Haneke hat sich mit seinem charakteristischen Oeuvre längst ins Weltkino eingeschrieben. Der am 23. März 1942 am 23. März in München geborene und in Wiener Neustadt aufgewachsene Sohn der österreichischen Schauspielerin Beatrix von Degenschild und des Düsseldorfer Regisseurs und Schauspielers Fritz Haneke wollte ursprünglich Schauspieler oder Konzertpianist werden. Neben dem Studium der Philosophie und Psychologie in Wien versuchte er sich zunächst als Autor und arbeitete als Film- und Literaturkritiker. Von 1967 bis 1971 war er Redakteur und Fernsehspieldramaturg beim Südwestfunk in Baden-Baden. In dieser Zeit entstand sein erstes, noch unverfilmtes Drehbuch "Wochenende".

    Anfang der 70er Jahre debütierte Haneke als Bühnenregisseur am Stadttheater Baden-Baden mit "Ganze Tage in den Bäumen" von Marguerite Duras. Es folgten Theater-Inszenierungen in Darmstadt, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Stuttgart, Hamburg, München und Wien. 1973 entstand sein erster Fernsehfilm, "...und was kommt danach? (After Liverpool)" nach einem Text von James Saunders. Es folgten TV-Streifen wie "Sperrmüll" (1976), "Drei Wege zum See" (1976, nach Ingeborg Bachmann), "Lemminge" (1979), "Wer war Edgar Allan?" (1984, nach Peter Rosei), "Nachruf für einen Mörder" (1991) und später die Kafka-Adaption "Das Schloss" (1996).

    Gleich mit seinem Kinoerstling "Der siebente Kontinent" gab Haneke 1989 sein Debüt in Cannes. Die mit diesem Film begonnene "Trilogie der emotionalen Vereisung", zu der auch "Benny's Video" gehört, schloss er 1994 mit "71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls" ab. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Wahl-Franzose seine unverwechselbare filmische Sprache, die in Dramaturgie, Bildfindung und Erzählweise stets Verweise auf das Ungesagte zu geben sucht, bereits zur Perfektion entwickelt und sich in der Fachwelt den Ruf eines eigenwilligen, unbeirrbaren Filmkünstlers erworben.

    Gewaltschocker "Funny Games"

    Hanekes Gewaltschocker "Funny Games" war 1997 nach 35 Jahren der erste österreichische Wettbewerbs-Beitrag bei den Filmfestspielen in Cannes und zugleich der Aufsehen erregendste und umstrittenste. Für "Code Inconnu" (2000), ebenfalls im Wettbewerb von Cannes, gewann er Juliette Binoche, die auch in "Caché" eine Hauptrolle spielt. "Die Klavierspielerin" (2001) nach Elfriede Jelinek wurde nicht nur an der Croisette gefeiert, sondern in der Folge auch ein großer kommerzieller Erfolg.

    Inszeniert 2006 Mozart-Oper

    Hanekes erstmals rein französisch (u.a. mit Isabelle Huppert) besetzte österreichisch-französische Koproduktion "Wolfzeit" über eine Familie, die nach einer Katastrophe aus der Großstadt aufs Land flüchtet, lief 2003 in Cannes außer Konkurrenz, weil auch der damalige Jury-Präsident Patrice Chereau mitspielte. Für "Caché", seinen fünften Anlauf in Folge auf die Goldene Palme, gewann er in Cannes immerhin die Auszeichnung als bester Regisseur sowie den Preis der Internationalen Filmkritik und den Preis der Ökumenischen Jury.

    Im Mozart-Jahr 2006 wird Haneke erstmals eine Oper inszenieren: "Don Giovanni" soll genau an Mozarts Geburtstag, dem 27. Jänner, an der Pariser Oper Premiere haben. (red/APA/dpa/AP)

    >>>Die bisherigen "Besten Europäischen Filme"

    Die bisherigen "Besten Europäischen Filme"

  • 1988: "A Short Film about Killing" von Krzysztof Kieslowski (Polen)

  • 1989: "Landschaft im Nebel" von Theo Angelopoulos (Griechenland)

  • 1990: "Porte aperte" von Gianni Amelio (Italien)

  • 1991: "Riff-Raff" von Ken Loach (Grossbritannien)

  • 1992: "Il ladro di bambini" von Gianni Amelio (Italien)

  • 1993: "Urga" von Nikita Michalkow (Russland)

  • 1994: "Lamerica" von Gianni Amelio (Italien)

  • 1995: "Land and Freedom" von Ken Loach (Grossbritannien)

  • 1996: "Breaking the Waves" von Lars von Trier (Dänemark)

  • 1997: "The Full Monty" von Peter Cattaneo (Grossbritannien)

  • 1998: "La vita e bella" von Roberto Benigni (Italien)

  • 1999: "Todo sobre mi madre" von Pedro Almodóvar (Spanien)

  • 2000: "Dancer in the Dark" von Lars von Trier (Dänemark)

  • 2001: "Le fabuleux destin d'Amélie Poulain" von Jean-Pierre Jeunet (Frankreich)

  • 2002: "Hable con ella" von Pedro Almodóvar (Spanien)

  • 2003: "Good Bye, Lenin!" von Wolfgang Becker (Deutschland)

  • 2004: "Gegen die Wand" von Fatih Akin (Deutschland)

  • 2005: "Cache" von Michael Haneke

  • (red/APA/dpa/AP)