Leni Riefenstahl, Tänzerin, Filmschauspielerin, Filmregisseurin, Fotografin, geboren als Helene am 22.8.1902 in Berlin, wurde vom Dr. Arnold Fanck für den Film entdeckt. Mit Fancks 'Der heilige Berg' 1926 begann ihre Karriere. Wegen seiner Landschaftsaufnahmen ging der unter Regie von Fanck und G.W.Pabst gedrehte 'Die weiße Hölle vom Piz Palü' 1929 mit Leni Riefenstahl in die Filmgeschichte ein. Mitte der zwanziger Jahre arbeitete sie auch bei Freikörper-kulturfilmen mit, denen dann wieder Bergfilme zusammen mit Luis Trenker folgten. Ab 1933 drehte sie im Auftrag Hitlers Propagandafilme mit Dokumentarcharakter. Ihr Propagandafilm mit dem Titel "Sieg des Glaubens" setzt mit einer ästhetisch bestimmten Dokumentation die Selbstdarstellung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) um. Über den NS-Parteitag drehte Riefenstahl 1934 "Triumph des Willens". Sie setzte dafür 16 Kamerateams mit über 100 Mitarbeitern ein. Aus mehr als 60 Stunden Filmmaterial entsteht einer der bekanntesten und wirkungsvollsten Propagandafilme überhaupt. Riefenstahl hebt die Solidarität der Parteibasis zum NS-Regime durch einen vielfältigen Bilderrhythmus heraus, wofür sie die chronologische Reihenfolge der Ereignisse aufbricht. Durch spezielle Kameraeinstellungen und ungewöhnliche Schnitte werden die führenden Nationalsozialisten vor der von Albert Speer gestalteten Kulisse in eine mythische Atmosphäre gerückt. Die Ausdruckskraft von Symbolen wie dem Hakenkreuz, Flaggen und dem Reichsadler werden durch Licht- und Musikeffekte betont. Riefenstahls Film wird mit dem Deutschen Filmpreis und mit der Goldmedaille in Venedig ausgezeichnet. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere erhält Riefenstahl den Auftrag, die Olympischen Spiele 1936 in Berlin im Film propagandistisch umzusetzen. Mit großem Aufwand und mit moderner Technik werden die Dreharbeiten während der Spiele durchgeführt. Das nachträgliche Schneiden des Filmmaterials nimmt 18 Monate in Anspruch, es entstehen zwei eigenständige Teile. Damit hebt sie Sportaufnahmen auf die Ebene der Kunst und zelebriert mit Bildern die Schönheit menschlicher Bewegung und Kraft. Zentral ist dabei die Verherrlichung des Körperlichen.
Zum Propagandaminister Joseph Goebbels steht sie trotz dessen offizieller Unterstützung ihrer Filmarbeiten in einem gespannten Verhältnis. Goebbels steht ihrer Freundschaft zu Hitler skeptisch gegenüber. 1940/41 werden für die Dreharbeiten für den Film "Tiefland" 60 Sinti und Roma aus Konzentrationslagern rekrutiert. Auf der Pariser Weltausstellung erhält der Parteitagsfilm "Triumph des Willens" einen Internationalen Großen Preis. Es kommt daraufhin zu Protesten der französischen Arbeiterbewegung. Ihre Arbeit bringt ihr den Vorwurf ein, mit politischer Naivität dem Dritten Reich ihre Kunst geliehen zu haben. Sie selbst, geehrt von Kollegen in aller Welt, beruft sich allerdings immer wieder auf die Reinheit ihrer ästhetischen Ideale. Propagandatätigkeit 1948 wurde Riefenstahl vor Gericht angeklagt, bei der "Tiefland"-Produktion die Sinti und Roma nicht entlohnt und ihnen fälschlicherweise die Rettung vor der Deportation versprochen zu haben. Sie wurde freigesprochen. 1949 führte sie einen erfolgreichen Prozeß gegen die Illustrierte "Bunte", welche die Vorwürfe publik gemacht hat. Es folgten mehrere Prozesse, in denen sie der Propagandatätigkeit für das NS-Regime angeklagt wurde. In der Fernsehdokumentation "Zeit des Schweigens und der Dunkelheit" im Westdeutschen Rundfunk (WDR) wurden 1982 die "Tiefland"-Vorwürfe gegen Riefenstahl erneuert und erhärtet. Sie kann diese daraufhin nicht mehr öffentlich abstreiten. In den Medien wurde eine breite Diskussion über ihre Rolle im Nationalsozialismus geführt. 1987 veröffentlichte sie ihre Memoiren, in denen sie eine Komplizenschaft mit dem NS-Regime unter Hinweis auf ihre rein künstlerische Motivation bei den Propagandafilmen abstreitet. Die KritikerInnen kann sie damit nicht überzeugen. Die Filmvereinigung Cincecon verlieh ihr 1997 in den USA eine Auszeichnung für ihr Lebenswerk. Die umstrittene Ehrung wurde von großem Applaus, aber auch deutlicher Ablehnung im Publikum begleitet. Kritische Reflexion Die Galerie Camera Work zeigt in Berlin nun bis 24. Juni 2000 Bilder von Leni Riefenstahl zur Olympiade 1936. Anstelle einer kritischen Reflexion und Auseinandersetzung mit Arbeit und Leben der Künstlerin, werden den GaleriebesucherInnen nur die Bilder vorgesetzt. Kein Einführungstext, keine kritische Stellungnahme - ein ignorieren der Problematik Nationalsozialismus/Kunst/Ästhetik. Nur im Katalog zur Ausstellung, die ca. 35 vintage prints und 50 modern prints von 1936 zeigt, findet sich ein kurzer Text, der allerdings anstelle von kritischer Reflexion das nationalsozialistische Schönheits -und Schaffungsideal heraufbeschwört: "Leni Riefenstahl hat sich für ihre Sportbilder auf den verwaisten Thron Gottes gesetzt. Wenn wir ihre Fotos anschauen, schauen wir die lange Geschichte des Sports an und rufen aus: "Wie schön!"

"Die idealen Maße, das raffinierte Spiel von Licht und Schatten, die gespannte Ordnung, die aus dem ungeordneten Chaos hervorgeht - nichts gibt genau wieder, welche Verwandlung die Schönheit die Dinge unterwirft. Nur der Mensch weiß, was Schönheit ist, weil nur er sie hervorbringen kann." Bei der Eröffnung der Ausstellung wurden nur geladene Gäste empfangen. Polizeiaufgebot war für den Schutz Leni Riefenstahls bestellt, um KritikerInnen abzuhalten. Schade dass in Berlin 2000 keine offene Auseinandersetzung passiert. Ein Blick in das Gästebuch macht dies deutlich: L. R. ist uns allen ein großes Vorbild (...) Sie ist eine hervorragende Frau von denen es nur ganz wenige gibt. (Doppeldoktor aus Berlin) L. R. hat es verdient nun endlich auch in Deutschland Anerkennung zu finden. Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten.

CAMERA WORK: Photogalerie, Kantstraße 149, D-10623 Berlin (pd)