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Foto: AP Photo/Center for Whale Research
Bremen - Die Umweltorganisation WWF hat die Befürchtung geäußert, dass die Arktis zur "Mülltonne der Welt" geworden ist - und Schwertwale sind die am stärksten mit Chemikalien belasteten Säugetiere der Arktis. Allein beim DDE, dem Abbauprodukt des Insektengifts DDT, liege die Belastung mit 11,6 Mikrogramm (millionstel Gramm) pro Gramm Körperfett 23 Mal höher als bei Eisbären, sagte WWF-Expertin Karoline Schacht am Montag unter Hinweis auf eine Studie norwegischer Wissenschaftler.

Tiere, die am Ende der Nahrungskette stehen, tragen offensichtlich die größten Mengen an Chemikalien in sich. Eisbären hatten zuvor als die am stärksten belasteten Säugetiere in der Arktis gegolten. "Dass Schwertwale heute weniger belastet sind, ist sehr unwahrscheinlich", so Schacht. Ergebnisse neuer Tests sollen 2006 vorliegen.

Keine "saubere Arktis"

Erst im Juli 2005 hatten die beiden Wissenschaftler Kerstin Pusch und Geir Gabrielsen in Untersuchungen von Möwen, arktischen Füchsen, Eisbären in Norwegen, den Färöer-Inseln und in Spitzbergen eine Reihe von hochtoxischen langlebigen organischen Giften - so genannten Persistant Organic Pollutants (POPs) - gefunden. In einigen nordischen Regionen stehen Möweneier auch auf dem Speiseplan der dortigen Bewohner.

Pusch und Gabrielsen haben festgestellt, dass die Dioxin- und PCP-Werte derart hoch waren, dass Kinder, junge Frauen, Schwangere und stillende Mütter auf diese Nahrungsmittel verzichten sollten. Auch Erwachsene sollten auf den Genuss der Möweneier weitgehend verzichten, schrieben die Wissenschaftlerinnen im "Journal of Environmental Monitoring".

Alternativen zu den belastenden Stoffen gäbe es

Nachgewiesen worden sei laut WWF auch das Flammschutzmittel PBDE-47, ein so genannter polybromierter Diphenylether. Hier liege die Belastung des Schwertwals mit etwa 475 Nanogramm (milliardstel Gramm) pro Gramm Körperfett fast zehn Mal höher als bei Eisbären. Bromierte Flammschutzmittel können WWF-Angaben zufolge das Nervensystem von Säugetieren stören und das Verhalten sowie die Fortpflanzung beeinträchtigen. In den Schwertwalen, die am Ende der Nahrungskette stehen, spiegele sich die bedenkliche Verbreitung von Industriechemikalien, sagte Schacht.

Vor allem die Verwendung von Flammschutzmitteln werde nicht ausreichend kontrolliert, sagte die WWF-Expertin. "Sie stecken noch heute in fast jedem Computer, in vielen Teppichen, Gardinen und Textilien jeder Art." Dabei gebe es für viele Anwendungen Alternativen. Die Umweltstiftung forderte den EU-Ministerrat auf, bei der Abstimmung über die Chemikalienrichtlinie REACH dafür zu sorgen, dass künftig Chemikalien mit gefährlichen Eigenschaften durch unbedenkliche Stoffe ersetzt werden. "Europa hat die große Chance zum weltweiten Vorreiter einer verantwortungsbewussten Chemiepolitik zu werden und die schleichende Vergiftung von Mensch und Natur zu stoppen", sagte Schacht.(APA/pte)