Tanzmusik mit der Zither: Christoph Dienz

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Wien - "Wenn statt einem DJ jemand vorne sitzt, der einem seltsamen Instrument seltsame Sounds entlockt, dann muss man wohl einfach hinschauen - das 'bannt' die Menschen. Ich denke aber, ich mache pure Tanzmusik."

So erklärt Christof Dienz den für ihn überraschenden Umstand, dass das geneigte Publikum angesichts seines neuen Soloprojekts oft mit runtergeklappter Kinnlade stehen bleibt, anstatt - abzushaken. Ist es doch nur eine elektrische Zither, die da auf zugegeben unorthodoxe Weise traktiert wird: geschlagen, gekratzt, geschabt, zuweilen an eine scheppernde Bottleneck-Gitarre, dann wieder an Harfen-Pizzicati und String-Piano-Cluster erinnernd.

Ein ganzes Pandämonium trashiger Second-Hand-Klänge scheint dem unscheinbaren Ding zu entsteigen und dank Loop-Generator simultan übereinander zu schweben.

Dass Christof Dienz, der 37-jährige Tiroler mit Wohnsitz Wien, dem Zitherspiel auf diese Weise vollkommen neue Dimensionen erschließt, hat mit einem Kompositionsauftrag des Schwazer Festivals Klangspuren zu tun. "Nachdem die Uraufführung 2002 aufgrund technischer Probleme abgesagt wurde, beschloss ich, selbst zu spielen. Meine Auflage: Der Zugang muss spielerisch sein, ich will die Sounds wie ein kleines Kind finden", so Dienz zur Methode - die in ihrer Voraussetzungslosigkeit an jene vieler Laptop-Musiker in den 90ern erinnert. Dienz konzediert, dass hinter jener "Fake-Elektronik", die auf der wärmstens empfohlenen Doppel-CD Dienz Zithered (Geco/Hoanzl) in Gestalt von Remixes von Rupert Huber, DJ DSL, Bernhard Lang u.a. auch in eine "reale elektronische Welt" transformiert wird, eine Affinität sowohl zu digitalem als auch analogem Klang steht.

"Der Druck und die Präzision elektronischer Musik, etwa ein Squarepusher in seiner berauschenden Klangfülle, haben es mir angetan. Ein Orchester zum Pulsieren zu bringen ist dagegen schwierig. Die Sehnsucht in die andere Richtung ist die, dass das menschlich Gespielte gerade in seiner Imperfektion lebendig und spannend klingt."

Klassische Klangkörper zum Pulsieren zu bringen, das hat der studierte Fagottist und komponierende Autodidakt Dienz seit Auflösung der "Knödel" anno 2000, deren internationaler Erfolg nicht zuletzt auf seinen Volks- und klassische Kammermusik fusionierenden Stücken basierte, des Öfteren gewagt. Wobei außerhalb Tirols, wo er bei den Klangspuren gleichsam Heimrecht genießt, das Terrain schwierig ist.

"Die zeitgenössische Musikszene in Österreich wird stark vom Klangforum definiert. Da passe ich nicht so richtig rein", so Dienz, der Beat Furrer und Jörg Widmann ebenso schätzt wie AC/DC. Denn: "Für mich ist Puls sehr wichtig, als Mittel zur intuitiven, körperlichen Wahrnehmung zeitgenössischer Musik." Man höre also - und tanze! (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.12.2005)