Brüssel - Der Prozess gegen den regierungskritischen türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk ist nach EU-Einschätzung ein Lackmus-Test für die Haltung des Landes zur Meinungsfreiheit. "Es ist nicht Orhan Pamuk, der morgen vor Gericht steht, sondern die Türkei", sagte EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn am Donnerstag in ungewohnt scharfen Worten.

Der international renommierte Autor Pamuk, der unter anderem den Bestseller "Schnee" geschrieben hat, muss sich vor einem Gericht in Istanbul wegen seiner Äußerungen verantworten, bei Massakern in der Türkei seien während des Ersten Weltkrieges eine Million Armenier getötet worden. Die Regierung in Ankara hat einen Völkermord an den Armeniern stets bestritten. Pamuks Äußerungen hatten in der Türkei für heftige Kritik gesorgt. Der Schriftsteller ist in diesem Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden.

Die Europäische Union hat im Oktober Beitrittsgespräche mit der Türkei aufgenommen. Ein Beitritt wird frühestens in zehn Jahren erwartet. Rehn hatte wiederholt klar gemacht, dass die Türkei insbesondere bei der Respektierung der Menschenrechte noch einen langen Weg zurückzulegen hat, bevor sie EU-Standards erfüllt. (APA/Reuters)