Spar wird kein Diskonter: "Man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen", sagt Gerhard Drexel.

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STANDARD : Ist der zur Schau gestellte Optimismus im Handel heuer gerechtfertigt?

Gerhard Drexel: Oft ist da auch etwas Zweckoptimismus dabei oder die Hoffnung auf eine Self-fulfilling Prophecy. Denn der Lebensmittelhandel hat sich in den ersten zehn Monaten mit minus ein Prozent zum Vorjahr entwickelt. Die Branche hat also noch keinen Grund zum Jubeln. Wir geben unter dem Jahr keine Umsatzzahlen bekannt, nur so viel: Wir liegen als Spar deutlich darüber.

STANDARD: Ein Thema vor Weihnachten ist heuer wieder die Sonntagsöffnung. Spar ist speziell betroffen - mit dem Rechtsstreit um die Sonntagsöffnung des 600-Quadratmeter-Spar-Marktes am Bahnhof in Linz.

Drexel: In Linz erwarten wir nur, dass wir rechtlich gleich behandelt werden wie unser Mitbewerber M-Preis am Hauptbahnhof in Innsbruck.

STANDARD: Was ist Ihre prinzipielle Meinung zur Ladenöffnung am Sonntag?

Drexel: Aus gesellschaftspolitischer Sicht verwende ich gerne den Begriff des Philosophen Marquard: Der Sonntag sollte eine "Verlangsamungskonstante" sein, die allen Arbeitenden und den Familien zugute kommt. Natürlich soll es auch Ausnahmen geben, wie Tourismusregelungen oder Bahnhöfe. Aus unternehmerischer Sicht muss Folgendes gesagt werden: Solange nur ein einziges Handelsunternehmen am Sonntag offen hält, ist das natürlich ein Geschäft. Bei einer generellen Freigabe des Sonntags würde sich der Wochenumsatz statt auf sechs dann aber auf sieben Tage verteilen - mit dem einen Unterschied, dass der Sonntag doppelt so hohe Personalkosten verursacht. Das wäre vom geschäftlichen Aspekt kein Spaß mehr - und ein weiterer Druck auf die Renditen, was höhere Preise zur Folge hätte.

STANDARD: Und das Thema Tourismuszone in Wien?

Drexel: Wo grenzen Sie in Wien denn die Tourismuszone ab? In St. Wolfgang geht das leichter.

STANDARD: Ihr Mitbewerber Rewe fordert die Erweiterung des Wochenrahmens.

Drexel: Wir vertreten das schon seit Längerem. Es wäre ein Vorteil, den jetzigen Rahmen von 66 Stunden auf 72 pro Woche moderat auszuweiten, damit man die Möglichkeit hat, an dem einen oder anderen Standort am Morgen früher aufzusperren, ohne dass man deswegen am Abend früher schließen muss.

STANDARD: Eine weitere Entwicklung im heimischen Lebensmittelhandel ist, dass die Vorarlberger derzeit das Sagen haben. Sie sind ja in Dornbirn in dieselbe Schule wie der neue Rewe-Vorstandssprecher Martin Lenz gegangen. Wie ist das Klima zwischen Rewe und Spar neuerdings?

Drexel:Diese Konflikte, die unterstellt wurden, waren medial überhitzt. Es gab aber einen wahren Kern. Die Konflikte sind nie von uns ausgegangen, ich könnte Ihnen dazu vieles erzählen. Aber das ist nun Geschichte. Ich glaube, mit dem neuen Vorstandssprecher Martin Lenz kann ein normales Verhältnis unter Wettbewerbern entstehen.

STANDARD: Wie geht es in Österreich mit der Expansion weiter?

Drexel: Wir haben in Österreich seit Langem ein Over-Storing, daher wird es eher in die Richtung gehen, die Standorte zu erweitern oder zu relaunchen.

STANDARD: Hätten Sie gern eine eigene Diskontschiene, so wie Ihr Mitbewerber mit Penny?

Drexel: Nein. Man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Entweder ist man von der gesamten Unternehmenskultur her ein Diskonter oder man ist eben ein attraktiver Supermarkt, der den Kunden wesentlich mehr bietet, als aus Schachteln heraus plastikverpackte Ware einzukaufen. Darum wollen wir uns das gar nicht antun, in eine widersprüchliche Unternehmensverfassung zu geraten.

STANDARD: Was sind Ihre Ziele im Ausland?

Drexel: Wir wollen in Norditalien, Slowenien, Ungarn, Tschechien und seit Kurzem Kroatien auf eine marktdominante Stellung kommen.

STANDARD: Nicht in Rumänien oder in der Ukraine?

Drexel: Wir wollen uns nicht verzetteln und können uns nicht mit Wal-Mart, Carrefour oder Metro vergleichen. Wir wollen ein mitteleuropäischer Konzern sein, kein globaler.

STANDARD:Sie haben die Expansionen über Unternehmensanleihen finanziert. Wird das so weitergehen? Börsengang wird ja keiner geplant sein . . .?

Drexel: Nein, den haben wir nicht geplant. Wir haben Anfang Dezember als erstes Unternehmen eine Anleihe gleichzeitig in Wien und Budapest - 85 Mio. Euro und 15 Mio. Euro in Forint - begeben. Anleihen erlauben uns mehr Freiheit, weniger Abhängigkeit von den Banken. Und wenn Sie so wollen, da spielt das Vorarlbergerische herein.

ZUR PERSON: Gerhard Drexel (50) ist seit 2001 Vorstandsvorsitzender des Spar-Österreich-Konzerns. Der Dornbirner promovierte in Wirtschaftswissenschaft. (Leo Szemeliker, DER STANDAR, Print-Ausgabe, 19.12.2005)