Brüssel - Der scheidende EU-Ratsvorsitzende Tony Blair schaffte es am Dienstag nur einmal, Beifall von fast allen Abgeordneten im EU-Parlament zu bekommen. Die Vorlage lieferte der europakritische Abgeordnete Nigel Farage. Er hielt Blair das britische Massenblatt Sun mit der Überschrift "Kapitulation" vor die Nase und warf ihm vor, wegen Abstrichen beim britischen Beitragsrabatt die Interessen des Landes verraten zu haben. "Dies ist das Jahr 2005, nicht 1945. Wir kämpfen nicht mehr gegeneinander. Es sind unsere Kollegen und Partner, und unsere Zukunft liegt in Europa", konterte Blair.

Zuvor hatte sich Blair harsche Kritik der EU-Abgeordneten anhören müssen, die eine sehr eher negative Bilanz der britischen EU-Präsidentschaft zogen. Der Österreicher Hannes Swoboda, der für die sozialdemokratische Fraktion sprach, nannte das Ergebnis der EU-Finanzverhandlungen "enttäuschend und inakzeptabel". Das Budget sei "noch nicht das Ergebnis". Er erwarte von der künftigen österreichischen Ratspräsidentschaft, dass sie sich in die Verhandlungen mit dem Parlament einbringe. Dies verlangte auch der Vorsitzende der konservativen Fraktion, Hans-Gert Pöttering. Mit einem Veto des EU-Parlaments wird jedoch nicht gerechnet.

Blair rechtfertigte den Kompromiss: "Es ist nicht das ideale Budget, aber das Beste, das wir jetzt erreichen konnten." Am Ende erhielt der scheidende Ratspräsident dann kurzen Applaus. Im Juni hatte es noch frenetischen Beifall zum Auftakt der britischen EU-Präsidentschaft gegeben. (DER STANDARD, afs, Printausgabe, 21.12.2005)