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Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader
Wien - "Gott rette Europa, seine Kunst und vor allem seine Bilanzen", kommentiert die Mailänder Tageszeitung "Il Giornale" am Freitag die umstrittene "25 Peaces"-Plakat-Aktion. Doch in den meisten europäischen Medien hält sich das Interesse an der Kunst-Plakat-Affäre am Tag, an dem die umstrittenen Sujets bereits entfernt wurden, in Grenzen.

Die britische "Times" berichtet in ihrer Online-Ausgabe über die heftigen Kontroversen, die die "Porno-Plakate der Queen als Werbung für den EU-Vorsitz" in Österreich ausgelöst haben, auch der französische "Nouvel Observateur" informiert seine Online-Leser über den "Skandal in Österreich" rund um die Plakataktion am Vorabend des österreichischen EU-Vorsitzes.

Süddeutsche Zeitung, Berliner Zeitung ("Bush und Queen als Provokation "), "Tagesspiegel" ( "Pornografische Kunstaktion erregt Wien" ), "Frankfurter Rundschau", "Welt" ("Pornographie oder politische Kunst?") und die "Financial Times Deutschland" widmen dem Thema in ihren Freitag-Ausgaben ebenfalls kürzere nüchterne Berichte.

Emotional hingegen der Kommentar in "Il Giornale", wo es unter dem Titel "Porno-Plakate, um den EU-Vorsitz in Schwung zu bringen" heißt: "Das künstlerische Ereignis in Wien sorgt für mehr Lärm als das traditionelle Neujahrskonzert. Der Marschall Radetzky würde vor Schande erröten. Er würde auf seinen lustigen Marsch verzichten und die Flucht ergreifen, würde er die 400 gigantischen Plakate sehen, die unbestreitbar 'Porno-Plakate' sind. Ein schöner Euro-Beginn für Österreich mit einer Finanzierung von einer Million Euro. Öffentliche Gelder, die daher heilig sind (...) Diesmal sind sie jedoch tief, sehr tief gefallen (...) Gott rette Europa, seine Kunst und vor allem seine Bilanzen."

Und die spanische Tageszeitung "El Pais" schreibt unter dem Titel "Gruppensex für Europa", in Österreich sei ein Skandal ausgebrochen wegen einer offiziellen Kampagne, die eigentlich ein Willkommensgruß für die beginnenden EU-Präsidentschaft sein sollte. Eines der Plakate "mit sexuellem Inhalt", die in Österreich Zorn entfachten, ist von dem spanischen Künstler Carlos Aires geschaffen worden. Das Bild mit drei Figuren und Gesichtsmasken der Queen, von Chirac und Bush imitiere "eine Szene von Gruppen-Sodomie". Der Künstler erklärte, es gehe ihm dabei um eine Hommage an Pier Paoli Pasolini, heißt es in dem ausführlichen Bericht.

Die Plakate hatten die internationale Presse bereits am Donnerstag beschäftigt. Die "FTD - Financial Times Deutschland" brachte die Geschichte auf Seite 9 unter dem Titel "Europäischer Gruppensex in Österreich":

"Am 1. Januar übernimmt Österreich die EU-Ratspräsidentschaft. Vorher will Kanzler Schüssel aber umstrittene Plakate verschwinden lassen, auf denen mit Pornoszenen für Europa geworben wird. (...) Die Erregung in dem als prüde bekannten Österreich ist groß. Die 'Kronen Zeitung', führendes Boulevardblatt des Landes, ortete einen Skandal und widmete den ihrer Ansicht nach 'wüsten Sex-Plakaten' gleich die Titelgeschichte. (...) Der Familienverband der Erzdiözese Wien sorgte sich um das Wohl der Kinder und forderte das sofortige Aus für die 'geschmacklosen und entwürdigenden Darstellungen'."

"New York Times" (online)

"Alberne Bilder von der britischen Queen Elizabeth beim Sex mit dem amerikanischen und französischen Präsidenten, die in ganz Wien hängen, sorgen in Österreich für Verlegenheit gerade einige Tage vor der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft. (...) Das Projekt (...) löst in den Medien und in der Politik Erregung aus."

"Washington Post" (online)

"Ihre Majestät wäre "not amused" gewesen, auch nicht Präsident Bush und sein französischer Amtskollege Jacques Chirac, die wienweit auf Sujets aubgebildet sind, die sie gemeinsam nackt und bei einem Sexualakt zeigt. Die Arbeit von "euroPART" (...) ist auch für die Regierung peinlich, da sie ausgerechnet einige Tage vor der Übernahme der europäischen Ratspräsidentschaft installiert wurde."

"The Daily Telegraph" (London/online)

"Österreich startet in die EU-Ratspräsidentschaft mit der Enthüllung von Postern mit nackten Menschen, die Masken der Queen, Jacques Chirac und George W. Bush tragen. Die Bilder, die Teil einer von der Regierung mitfinanzierten Kampagne sind, haben in Österreich Empörung ausgelöst just bevor das Land am Sonntag den EU-Vorsitz von Großbritannien übernimmt. Zu sehen sind ein nackter Mann und zwei Frauen beim gemeinsamen Sex auf einem Dach. Die Bush-Maske wird von einer Frau getragen. (...) Zeitungen in dem streng katholischen Land haben die Bilder ebenfalls als reine Pornografie bezeichnet."

"La Repubblica" (Rom/online)

"Polemik in Österreich einige Tage vor Beginn des turnusmäßigen EU-Vorsitzes: Um das Ereignis gebührend zu feiern, hat eine Kulturorganisation eine Serie von Kunstwerken mit pornografischem Charakter verbreitet. (...) Die Initiative wurde mit öffentlichen Geldern finanziert."

"Corriere della Sera" (Mailand/online)

"Am 1. Jänner übernimmt Österreich die EU-Ratspräsidentschaft, die Regierung in Wien riskiert allerdings aufgrund von Postern, die aus diesem Anlass auf den Straßen aufgehängt wurden, eine Welle der Empörung. (...) Es ist nicht unbedingt der Gipfel des guten Geschmacks. In der Tat legt Österreich sehr viel Wert auf seine Präsidentschaft, um sich politisch und ökonomisch in Europa zu positionieren."

"Blick" (Schweiz/online):

"Frankreichs Präsident Jacques Chirac besorgts der Queen von hinten, und diese verwöhnt US-Präsident George W. Bush. Diese deftige Pornoszene bekommen die Wiener derzeit hundertfach zu sehen - und zwar im riesigen Plakatformat. Und bald sollen es die Queen und Co. auch in anderen Landesteilen treiben. Die Aufregung ist groß in unserem Nachbarland. (...) Viele Österreicher sind auch deshalb peinlich berührt, weil die insgesamt 400 'Rolling Boards' - das sind beleuchtete und das Motiv wechselnde Werbeflächen - ausgerechnet die Landschaft zieren, wenn Österreich zum Jahreswechsel den EU-Vorsitz übernimmt. Die 'Kronen Zeitung' ist jedenfalls jetzt schon gespannt auf die Erklärung, die Bundeskanzler Schüssel Jacques Chirac bei dessen Wien-Besuch im Januar liefert."

Und die "Sex-Plakate" haben es auch in der Onlineausgabe der "Bild Zeitung" (Hamburg) als Titelgeschichte geschafft - mit "EU-Skandal um Porno-Plakate": "Peinlicher Porno-Skandal! Wenige Tage vor Beginn des österreichischen EU-Ratsvorsitzes gibt es weltweit Wirbel: Auf einem Plakat sehen wir Models mit Masken von US-Präsident Bush, Frankreichs Staatschef Jacques Chirac und der Queen bei angedeutetem Sex! (....) Ziel des Projekts soll es sein, die unterschiedlichen historischen und sozialen Entwicklungen in Europa zu reflektieren. Aber was haben vermeintlich kopulierende Menschen mit Masken von Staatsoberhäuptern damit zu tun?" (APA)