JUDITH JUILLERAT
Soliloquy

(Shitkatapult/Soul Seduction)

Foto: Shitkatapult/Soul Seduction
THE CLIENTELE
Strange Geometry
(Pointy Records/Import) Das britische Trio um den schweren Melancholiker Alasdair MacLean sollte als Labelkollege von den hier schon öfter vorgestellten Flotation Toy Warning eigentlich längst im heimischen Vertrieb von Hoanzl sein, aber: schnarch. Einstweilen ist diese hochgradig anrührende Kunst im Zeichen des sanften, allerdings niemals sanftmütigen Pop nur als Import zu erwerben. So macht man sich kleiner werdende Märkte endgültig kaputt. Bis die CD endlich offiziell in Österreich erhältlich sein wird, haben alle Interessierten längst übers Internet geordert - und im Falle solch bezaubernd romantischer, Herzblut üppig verschwendender Musik im Zeichen von großen historischen Namen wie Felt, Television, The West Coast Pop Art Experimental Band oder Love gibt es keine Laufkundschaft! Einzelhandel ade. Alasdair ist nicht nur ein kluger Texter, wenn es darum geht, die eigenen Befindlichkeiten vom Tagebuch-Niveau hinauf in poetischere Gefilde zu leiten. Auch musikalisch ist der sehr zurückgelehnt zu gezupften E-Gitarren, Hammondorgel, Bouzouki, Beserlschlagzeug und gelegentlichem Streicher-Schluchzen vortragende Mann mit der weniger rauchigen als vielmehr hauchigen Stimme mit allen Wassern der US-West-Coast-Psychedelia und der britischen Folkpop-Szene der 60er-Jahre gewaschen. Hören Sie sich das an! BERNHARD FLEISCHMANN The Humbucking Coil (Morr/ Soul Seduction) Auch der beliebte Wiener Elektroniker Bernhard Fleischmann wird in die Musikgeschichte nicht gerade als Wüterich eingehen. Auch auf seinem neuesten Album beschäftigt sich der ursprünglich als Drummer vom Hardcore herkommende Mittdreißiger lieber mit sanftmütigen Dreiklangszerlegungen in der Schule von Krautrock-Klassikern wie den frühen Kraftwerk, Harmonia, Neu! oder Cluster; vom Wiener Balladenkaiser Franzl Schubert ein anderes Mal. Als Neuigkeit gesellt sich jetzt zu den friedvollen, getragenen und handwarm verlegten Keyboardteppichen sowie echten Schlagzeug-Beats eine verhallte Zupfgitarre. Als Gastsänger ist wieder einmal Christof Kurzmann dabei, der den Robert Wyatt wie immer höchst souverän-gebrochen gibt. Getrennt geschriebene lange Weile auf höchstem Niveau. Vielleicht einmal zumindest auf dem nächsten Album eine Spur Neues wagen? JUDITH JUILLERAT
Soliloquy
(Shitkatapult/Soul Seduction) Als ungleich spannender erweist sich das Debütalbum dieser jungen französischen Heimelektronikerin. Zwar bewegt sich auch Judith Juillerat manchmal gern in etwas abgelebten harmonischen Vorgaben aus dem Lande Kraut. Allerdings finden sich hier dank ihrer musikalischen Verwandtschaft zur heimischen Musikerin Gustav (Rettet Die Wale) in einem sonst auch sehr offen Richtung Brechung der Norm gehaltenen Songwriting genügend akustische Störsignale und bewusst gesetzte strukturelle Fehler, die die ganze Sache interessant machen. Dem Charme von Englisch singenden und radebrechenden Französinnen kann sich sowieso niemand entziehen. Nein, auch Sie nicht! THE WHITE BIRCH Come Up For Air (Glitterhouse/Hoanzl) Ola Flotum und The White Birch aus Norwegen gelten im an der Welt schmerzensreich leidenden Pop als verlässliche Kräfte, wenn es darum geht, immer dann ein Album zu veröffentlichen, wenn die artverwandten Tindersticks oder Midnight Choir gerade Pause machen. Zwar hat sich an der Grundausrichtung der Band wenig verändert. Aber irgendwie hat man hier beim Hören auch wegen des Albumtitels das Gefühl, dass jetzt endlich etwas Frischluft und Sonne in diese dunkle Welt hineingekommen sein könnte. (schach/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.1.2006) []