Wien - Wenn Anatol Bogendorfer in die Saiten seiner Stromgitarre greift, ruft er damit kleine bis mittlere Explosionen hervor: Däng! Däng! Däng! Diese werden wahlweise durch Nachschlag unterfüttert oder durch Unterdrückung und Auslassung zu dramatischen Breaks. Jedenfalls steigert beides den Erregungsgrad der Kompositionen bis zur Hochspannung, die Husbert Huber zusätzlich mit seinem staubtrockenen Bass anreichert, während Claus Harringer am Schlagzeug ebenfalls wie ein Sprengmeister agiert, der die von ihm kontrolliert losgelösten Lawinen ins Tal hetzt.

Mit Variationen dieses lautstarken Arbeitsmodells brachte dieser als Valina bekannte Dreier am Montagabend ein knackevolles Chelsea zum Schwitzen.

Die aus dem 80er-Jahre-US-Hardcore bekannten Stop-and-go-Motive verzierten die Linzer mit einigen, stellenweise schon auch ein wenig anstrengenden, weil an den freien Jazz erinnernden, Fingerübungen. Damit brachten Valina ihrem Publikum die US-Punk-Formation Minutemen wieder einmal deutlich in Erinnerung, die gewissermaßen die Blaupausen für diese Ästhetik schuf.

Wobei deren Bassist Mike Watt dann doch um einiges expressiver spielt und agiert als der vergleichsweise fußlahme Huber. Aber bei einem Kollektiv wie Valina zählt das Gesamtergebnis und nicht die Einzelleistung.

Valina, gegründet 1995, als alle Mitglieder noch eher pickelige Teenager waren, zählen neben Attwenger, Texta und Shy zu den wichtigsten musikalischen Stahlstadtkindern. Dabei haben Valina während ihrer beachtlichen Karriere die Amtswege des heimischen Pop vermieden und - stur wie ihre Musik - ihren eigenen Masterplan verfolgt. Zumindest erscheint es retrospektiv betrachtet so.

Geburtshelfer: Albini

Immerhin tourte die Band mehrfach durch (fast) ganz Europa und - was den wenigsten österreichischen Bands dieses Formats je gelungen ist - auch durch die USA. Dort, im Ursprungsland der von Valina gespielten Musik, nahm man auch Alben auf: In Chicago, im Electric Audio Studio. Dieses gehört Steve Albini, der bekanntlich von Nirvana über die Pixies bis zu Led Zeppelin oder Killdozer alles aufgenommen hat, und der auch bei den von ihm geschätzten Linzern als Geburtshelfer fungierte.

Im Chelsea zeigte sich, dass diese Reputation nicht nur auf Papier gut daherkommt, sondern sich vor allem auch auf der Bühne bestätigte. Die knappe Stunde, in der der Hornbrillenträger Bogendorfer seine harte Einsatztruppe koordinierte, ins Mikro bellte und die Energie der Musik physisch spürbar machte, zählte mit zum Besten, das heimische Bands zurzeit live zustande bringen.

Valinas aktueller Tonträger heißt Epode und ist im Vertrieb von Trost Records erhältlich. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.1.2006)